Die verschiedenen Akteure in der Schweizer Abfallwirtschaft verstehen unter Nachhaltigkeit zum Teil sehr unterschiedliche Dinge. So legen etwa Wirtschafts- und Handelsorganisationen den Fokus vor allem auf die wirtschaftliche Dimension. Sie stellen darum gewisse Recyclingpraktiken infrage, bei denen es aus ihrer Sicht keinen zuverlässigen Markt für die Sekundärprodukte gibt. Keine Einigkeit herrscht auch bezüglich der Frage, ob die ökologische Nachhaltigkeit besser anhand von Abfallhierarchien oder Ökobilanzen bewertet werden soll. Die im Rahmen des Projekts «Modernisierung der Abfallwirtschaft»Projekt «Modernisierung der Abfallwirtschaft»1 durchgeführte Diskursanalyse lässt vermuten, dass hinter diesen Differenzen unterschiedliche Grundüberzeugungen und pragmatische Interessen der Akteure stecken.
Die beobachtete Fragmentierung kann auf der einen Seite eine Chance sein, indem durch die verschiedenen Akteure unterschiedliche Neuerungen getestet und damit vielfältigere Erfahrungen mit neuen Technologien und Praktiken gemacht werden können. Auf der anderen Seite setzt ein Systemwandel aber einen Dialog und eine intensive Zusammenarbeit der relevanten Akteure voraus, damit sich die verschiedenen Aktivitäten nicht zuwiderlaufen. Wie wichtig dies für das Erschliessen von Potenzialen sein kann, hat sich bei der Verbesserung der Wertschöpfung von Stahlschrott aus den KVA gezeigt. Gemeinsam gelang es, den Energiebezug zu senken und gleichzeitig die Qualität der Ressource zu steigern. Für viele Recyclingprozesse typisch war dabei, dass die entscheidenden Massnahmen von einem Akteur vorgenommen werden müssen, der selbst nicht von den erst viel später in der Kette erzielten Einsparungen profitieren kann.
Nur ein nebensächliches Thema ist für die Akteure der Schweizer Abfallwirtschaft die soziale Dimension der Nachhaltigkeit etwa in Form von Lebensqualität oder inter- und intragenerationeller Gerechtigkeit. Wie die Synthese «Akzeptanz» aufzeigt, kann dies aber zum Bumerang werden, wenn – zum Beispiel für die Verlegung eines KVA-Standorts – die Zustimmung der Bevölkerung benötigt wird. Die Bevölkerung gewichtet nämlich die Lebensqualität und die Gerechtigkeit meistens viel stärker als ökologische Aspekte.