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Wind- und Solarenergie: eine erneuerbare Zukunft für die Schweiz

Mehr Importe als Exporte, veränderte Stromflüsse und eine geringere Belastung: So verändern die erneuerbaren Energien das Stromnetz.

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «Energieinfrastrukturen der Zukunft». Dieses Projekt ist Teil des Verbundprojektes «Analyse zukünftiger Strommärkte».
Ein Haus in Interlaken: Damit die Sonnenergie ihr Potenzial ausschöpfen kann, braucht es die Fläche einer Million Hausdächer für Solar-Panels.
Ein Haus in Interlaken: Damit die Sonnenergie ihr Potenzial ausschöpfen kann, braucht es die Fläche einer Million Hausdächer für Solar-Panels. Shutterstock/Dr. Ajay Kumar Singh
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • Erneuerbare Energien, die in den nächsten Jahrzehnten den Schweizer Strommix prägen sollen, sind abhängig vom Wetter – das führt zu Veränderungen bei der Stromversorgung.
  • Forschende der Universität Basel und der ETH Zürich kommen in einer detaillierten Analyse zum Schluss: Die Infrastruktur des Schweizer Stromnetzes ist für diese Veränderungen gewappnet.
  • Ihre Berechnungen zeigen zudem, dass die Sonnenenergie in der Schweiz das grössere Potenzial hat als die Windenergie: Sie ist günstiger, vorhersehbarer und eher verfügbar.
  • Eine interessante Erkenntnis: Erneuerbare Energien entlasten das Stromnetz und senken das Ausfallrisiko. Das, weil die Energien – etwa bei Solarpanels auf dem Dach – lokal genutzt werden können.

Wir schreiben das Jahr 2052, die Fussball-WM läuft. Ein wichtiger Match steht an, in den Bars und Wohnzimmern sitzen alle vor den Fernsehern und Grossleinwänden. Das Wetter: Bewölkt und windstill.

Wieso das eine Rolle spielt? Im Rahmen der Energiestrategie 2050 soll der Schweizer Strommix von erneuerbaren Energien wie der Wind- und Solarenergie geprägt sein. Doch was, wenn der Bedarf hoch ist, das Wetter aber nicht mitspielt?

Mit dieser Frage beschäftigen sich Forschende der Universität Basel und der ETH Zürich. Sie haben untersucht, wie gross in der Schweiz das Potenzial für erneuerbare Energien ist – und ob die Versorgungssicherheit gewährleistet ist.

Mehr Unsicherheiten, mehr Reserven

Analysiert haben die Forschenden dazu die Netzstruktur, den Strommix und die geographischen und klimatischen Bedingungen der Schweiz. Dazu haben sie die besten Standorte für Windkraft- und Solaranlagen ermittelt.

Denn Stromnetze in ihrer heutigen Form können erneuerbare Energiequellen nur zu einem gewissen Grad aufnehmen. Zurzeit liefern Kernkraftwerke kontinuierlich Strom. Das ändert sich aber, wenn erneuerbare Energien einen grösseren Anteil der Versorgung übernehmen: Die Menge des eingespeisten Stroms hängt zunehmend davon ab, wie viel Sonnenstrahlung oder Wind zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Verfügung steht.

Es können also Situationen entstehen, bei denen der Strombedarf nicht voll gedeckt werden kann. Um solche kritischen Situationen zu vermeiden, müssen die Netzbetreiber ausreichend Reserveenergie zur Verfügung stellen. Die Menge der Verfügbaren Reserveenergie ist eine wichtige Kenngrösse für den sicheren Netzbetrieb.

Wasserkraft kann Reserven bereitstellen

Die gute Nachricht: Laut den Berechnungen der Forschenden ist das Schweizer Stromnetz für die anstehenden Veränderungen gewappnet. Die Wasserkraft kann die benötigten Reserven bis ins Jahr 2050 immer bereitstellen. In der Zukunft wird man also nicht wegen schlechtem Wetter auf WM-Spiele verzichten müssen.

Wenn es darum geht, welche erneuerbare Energie neben der Wasserkraft die wichtigste Rolle spielen soll, haben die Forschenden eine klare Empfehlung: Die Sonnenenergie sticht die Windenergie gleich mehrfach aus.

Zum einen ist die Solarenergie besser vorhersehbar: Das führt dazu, dass das Schweizer Stromnetz zu jeder Zeit weniger Reserven für mögliche Ausfälle und daraus resultierende Versorgungsengpässe bereithalten muss.

Zum anderen ist die Sonnenenergie kostengünstiger zu gewinnen und dürfte das Stromnetz sogar entlasten – etwa, wenn sie mittels Solar-Panels auf Hausdächern gewonnen wird. Denn so kann der Strom direkt in den Gebäuden verwendet werden, Haushalte und Unternehmen müssen weniger Strom vom Netz beziehen.

Damit die Sonnenenergie einen entscheidenden Beitrag zum Strommix der Zukunft leisten kann, müssen Solar-Panels auf der Fläche von rund einer Million Einfamilienhaus-Dächern installiert werden. Am meisten Platz für solche Anlagen gibt es in der Westschweiz.

Geringeres Ausfallrisiko

Dass Solarenergie in der Zukunft vielerorts lokal verwendet werden kann, hat eine interessante Folge: Im Jahr 2050 dürfte das Schweizer Stromnetz trotz dem hohen Anteil an erneuerbaren Energien ein geringeres Ausfallrisiko haben – denn das Netz ist durch die direkte Verwendung von erneuerbaren Energien weniger ausgelastet.

Heute gleichen sich die Importe und Exporte im Jahresdurchschnitt etwa aus. In Zukunft wird die Schweiz auf längere Sicht aber mehr Strom importieren als exportieren. Dies weil zum einen der Solarstrom vermehrt direkt vor Ort verbraucht wird, und zum anderen weil auch die Nachbarländer vermehrt auf lokale Stromgewinnung setzen werden und deshalb weniger Strom aus der Schweiz beziehen müssen.

Um das Potenzial der Wind- und Sonnenergie auszurechnen, haben die Forschenden mithilfe von Geographischen Informationssystemen (GIS) eine detaillierte Analyse erstellt: Von den Standorten für die Windkraft und allen Dächern für die Sonnenenergie – nicht berücksichtigt wurde das Potenzial für Freiflächen-Solaranlagen.

Die Berechnungen zeigten, dass es in der westlichen Hälfte der Schweiz das grösste Potenzial zur Gewinnung von Wind- und Sonnenenergie gibt – besonders um die Städte Genf, Lausanne und Bern.

Die Empfehlung aus diesem Forschungsprojekt an die Politik: Baugesetze sollten so angepasst werden, dass die Installation von Solar-Panels auf Dächern nicht behindert, sondern im Gegenteil gefördert wird. Ebenfalls sollten Überlegungen zu Dach-Solaranlagen in die Städteplanung und von Architekten beim Entwurf von Gebäuden berücksichtigt werden.

Kontakt und Team

Dr. Turhan Hilmi Demiray

Department of Mechanical and Process Engineering
ETH Zürich
Sonneggstrasse 28
8092 Zürich

+41 44 632 41 85
demirayt@ethz.ch

Prof. Dr. Martin Raubal

Institut für Kartografie und Geoinformation
ETH Zürich
Stefano-Franscini-Platz 5
8093 Zürich

+41 44 633 30 26
mraubal@ethz.ch

Martin Raubal

Projektleiter

Jared Garrison

Fabio Veronesi

Stefano Grassi

Patrick Eser

Turhan Demiray

Projektleiter

Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 10.05.2019 ab.