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Mehr Spielraum für Photovoltaik – dank neuen Transformatoren

Damit in Zukunft mehr Solarstrom im Stromnetz fliessen kann, braucht es Anpassungen, um mit den unregelmässigen Schwankungen dieser Energiequelle umzugehen. Eine Möglichkeit ist das bessere Ausschöpfen der Spannungsbeschränkungen im Verteilnetz mit Hilfe eines neuen Typs von Transformatoren. Forschende der Fachhochschule Nordwestschweiz zeigen, wie sich die Vorzüge der neuen und der bestehenden Transformatortechnologien verbinden lassen.

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «SiC-Festkörpertransformatoren im Stromnetz». Dieses Projekt ist Teil des Verbundprojektes «SwiSS' Halbleiterbasierter SiC-Trafo».
Bekommt dieses Häuschen bald ein neues Innenleben? Ein Upgrade der Transformatortechnologie wäre eine günstige Möglichkeit, das Stromnetz für die Energiewende fit zu machen.
Bekommt dieses Häuschen bald ein neues Innenleben? Ein Upgrade der Transformatortechnologie wäre eine günstige Möglichkeit, das Stromnetz für die Energiewende fit zu machen. AdobeStock
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • Heutige Stromnetze können nicht beliebig viel Solaranlagen aufnehmen, da die schwankende Produktion zur Verletzung von Spannungsbeschränkungen führen würde.
  • Die neuen leistungselektronischen Transformatoren können das Netz gegenüber Spannungsschwankungen toleranter machen, jedoch auf Kosten der Effizienz.
  • Hybride Transformatoren verbinden die Flexibilität der Leistungselektronik mit der Effizienz und Zuverlässigkeit herkömmlicher Transformatoren.

Um die Vision einer sauberen Energieversorgung ohne Kernkraft zu verwirklichen, setzt die Energiestrategie 2050 neben der Wasserkraft auch auf die Photovoltaik. Für einen massiven Ausbau dieser dezentralen und unsteten Energiequelle ist das Stromnetz in seiner heutigen Form jedoch ein zu starres Korsett. Denn die Stromleitungen könnten durch die zeitweise Einspeisung grösserer Mengen an Solarstrom überlastet werden. Darüber hinaus bestehen enge Beschränkungen für die erlaubte Spannung im Niederspannungsnetz, also dem Teil des Stromnetzes, an dem die Steckdosen wie auch die Solaranlagen angeschlossen sind. Vielerorts ist es heute dieses Spannungsband, das dem Potenzial der Photovoltaik Grenzen setzt.

Die Spannungsbeschränkungen im Niederspannungsnetz hängen mit den Transformatoren zusammen, welche den Strom für die Steckdose bereitstellen. Die altbewährten Trafos aus Kupferspulen und Eisenkernen arbeiten äusserst zuverlässig und effizient. Sie können aber den Strom nur in einem fixen Spannungsverhältnis transformieren. Deshalb wirken sich Spannungsvorgaben für die nächsthöhere Netzebene, das Mittelspannungsnetz, auch auf das Niederspannungsnetz einschränkend aus.

Die Zügel lockern

Eine flexiblere Stromübertragung wäre möglich mit den sogenannten leistungselektronischen Transformatoren. Diese neue Art von Transformator basiert auf Elektronik-Bauteilen aus Siliziumkarbid (SiC) und kann nicht nur die Spannung, sondern auch Frequenz und Phase des Wechselstroms beliebig verändern. Damit liesse sich der Bereich der erlaubten Spannungen erweitern, bzw. der zulässige Bereich besser ausschöpfen, und es könnten mehr Solaranlagen angeschlossen werden. Wieviel Photovoltaik ein Verteilnetz dank der neuen Transformatortechnologie zusätzlich aufnehmen könnte, haben Forschende des Instituts für Elektrische Energietechnik an der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW errechnet. Ausserdem untersuchten sie, wie effizient und umweltfreundlich verschiedene Transformatortypen im Betrieb wären.

Für ihre Berechnungen verwendeten die Forschenden die im Verlauf eines Jahres gemessenen Stromflüsse in einem Schweizer Versorgungsgebiet mit über 100 Transformatoren. Zusätzlich betrachteten sie zwei Szenarien mit deutlich mehr Photovoltaik: Das erste Szenario entspricht dem Ziel der Energiestrategie 2050 mit einer Solarstromleistung von 11 Terawatt schweizweit. Das zweite ist ein Szenario des Solarenergiebranchenverbands Swissolar, welches das gesamte Potenzial der Photovoltaik in der Schweiz beziffert und von 30 Terawatt Solarstrom ausgeht.

Ausbau auf Kosten der Effizienz?

Das Ergebnis der Untersuchung bestätigt die Erwartungen an die neue Technologie. Allein der Ersatz der Transformatoren zwischen Mittel- und Niederspannungsnetz würde annähernd ausreichen, um im untersuchten Netzgebiet eine Menge an Photovoltaik aufzunehmen, die dem Extremszenario von Swissolar entspricht. Für die Pläne der Energiestrategie 2050 wäre diese Kapazität mehr als ausreichend. Die Kosten wären dabei vergleichsweise gering, da auf eine Verstärkung der Stromleitungen verzichtet werden könnte.

Die Berechnungen zeigen aber auch: Der Nutzen der leistungselektronischen Transformatoren muss durch eine erhebliche Einbusse an Effizienz erkauft werden. So sind die Energieverluste bei der Stromtransformation fast dreimal so hoch wie bei konventionellen Transformatoren. Auch in der Ökobilanz schneidet die neue Technologie relativ schlecht ab, da sie umweltbelastende Materialien verwendet.

Der Trade-off zwischen Effizienz und Flexibilität ist allerdings nicht das Endergebnis der Studie. Denn die Forschenden betrachteten noch eine weitere Variante – den Hybridtransformator, der einen herkömmlichen und einen kleineren leistungselektronischen Teil in sich vereinigt. Dieses hybride System verfügt über eine innerhalb gewisser Grenzen variable Spannungsübersetzung, ist aber fast so effizient wie ein gewöhnlicher Transformator.

Der Fünfer und das Weggli

Trotz der geringer dimensionierten Leistungselektronik lassen sich mit Hybridtransformatoren ähnlich ambitionierte Photovoltaikszenarien verwirklichen wie mit der Vollversion. Dazu braucht es jedoch ein Zusammenspiel mit den Solaranlagen. Denn die Wechselrichter, die den Gleichstrom aus den Solarmodulen in Wechselstrom umwandeln, müssen dafür sorgen, dass Stromstärke und Spannung nicht im Gleichtakt, sondern mit einer Phasenverschiebung schwingen. Dies verringert den Spannungsunterschied zwischen Photovoltaikanlage und Netztransformator zusätzlich und sorgt dafür, dass das erlaubte Spannungsband nicht überschritten wird. Ein weiterer Vorteil der Hybridtransformatoren ist ihre Sicherheit. Denn sollte die Leistungselektronik einmal ausfallen, arbeitet der altmodische Teil aus Eisen und Kupfer zuverlässig weiter.

Aufgrund der genannten Vorteile fällt die Empfehlung der Forschenden klar zugunsten des Hybridtransformators aus. Wie der leistungselektronische Transformator ermöglicht der Hybrid den Einsatz von Photovoltaik in grossem Massstab, und dies ohne merkliche Einbussen bei Effizienz und Zuverlässigkeit.

Produkte aus diesem Projekt

Kontakt und Team

Prof. Dr. Nicola Schulz

Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW
Hochschule für Technik
Klosterzelgstrasse 2
5210 Windisch

+41 56 202 75 73
nicola.schulz@fhnw.ch

Christoph Hunziker

Nicola Schulz

Projektleiter

Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 10.05.2019 ab.