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Solarzellen aus Perowskit werden praxistauglich

Vor einigen Jahren tauchte ein neues Material auf, das bei Entwicklern von Solarmodulen für grosse Hoffnungen sorgte: Perowskit. Doch bis anhin waren Solarzellen aus Perowskit zu wenig widerstandsfähig. Sie verloren ihre Funktion in Wind und Wetter schon nach kurzer Zeit. Nun haben Chemiker der ETH Lausanne eine neue Herstellungsmethode gefunden, welche die Zellen widerstandsfähiger macht.

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «Perowskite für die Solarenergie».
Ein Perowskit-Solarmodul aus dem Labor der ETH Lausanne. Es wandelt Sonnenlicht äusserst effizient in Strom um.
Ein Perowskit-Solarmodul aus dem Labor der ETH Lausanne. Es wandelt Sonnenlicht äusserst effizient in Strom um. M. K. Nazeeruddin
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • Seit einigen Jahren sorgt ein neues Material für Solarzellen für Furore: Perowskit. Es verspricht einen hohen Wirkungsgrad und eine günstige Herstellung.
  • Bisher hatten Solarzellen aus Perowskit allerdings nur eine kurze Lebensdauer. Nun hat eine Forschungsgruppe der ETH Lausanne mit einer neuen Herstellungsmethode Zellen entwickelt, die viel widerstandsfähiger sind.
  • Zugleich haben die Forschenden die Effizienz der Solarzellen verbessert, indem sie ein neues Material entwickelt haben, das die aufgefangene Sonnenenergie rasch weitertransportiert.

Solarmodule müssen zwei Dinge gut können: Sie sollen möglichst effizient Sonnenlicht in Strom umwandeln und dabei möglichst günstig herzustellen sein. Heute bestehen kommerzielle Solarzellen aus Siliziumkristallen. Module aus diesem Material sind inzwischen preiswert und sehr stabil: Sie produzieren über Jahrzehnte hinweg verlässlich Strom. Allerdings haben Siliziumzellen einen eher geringen Wirkungsgrad. Dieser Wert gibt an, wie viel Prozent der Sonnenenergie die Zellen abschöpfen und in Strom umwandeln. Bei Zellen aus Silizium liegt der theoretisch maximal mögliche Wirkungsgrad bei lediglich 29 Prozent – eine Grenze, die sich durch die physikalischen und chemischen Eigenschaften des Materials ergibt. Darum suchen Forschende nach alternativen Materialien, die Sonnenlicht effizienter umwandeln. Als sehr vielversprechend stellte sich vor einigen Jahren Perowskit heraus. Nun haben Chemiker der ETH Lausanne die Herstellung von Zellen aus diesem Material weiterentwickelt.

Effizient, aber instabil

Perowskit ist ein Oberbegriff für eine Familie von Mineralien mit einer bestimmten Gitterstruktur. Solche Materialien sind Halbleiter und wurden schon eingesetzt, um Kondensatoren oder Lichtdioden zu bauen. Und sie besitzen eine Reihe bemerkenswerter Eigenschaften, die sie auch für Solarzellen prädestinieren: Perowskite absorbieren eine grosse Portion des Sonnenlichts, transportieren elektrische Ladungen rasch und sind ausserdem einfach zu synthetisieren und zu handhaben.

Doch in einer wichtigen Eigenschaft waren bisher entwickelte Solarzellen aus Perowskit wesentlich schlechter als solche aus Silizium: Sie waren weniger stabil. Das heisst, sie behielten ihre Funktion draussen in Wind und Wetter nur kurze Zeit. Vor allem diese Stabilität der Zellen wollten die Lausanner Chemiker nun verbessern.

Dazu haben sie Perowskitzellen auf eine ganz neue Art synthetisiert. Über regelmässig angeordnete Perowskitkristalle, die in einen Film aus Titanoxid eingebettet waren, haben sie eine extrem dünne Schicht aus Perowskit wachsen lassen. Über hundert verschiedene Perowskite haben die Forschenden für diese zweidimensionale Schicht synthetisiert und die resultierenden Eigenschaften – Wirkungsgrad und Widerstandsfähigkeit – getestet. Auf diese Weise haben sie schliesslich ein bestimmtes bleihaltiges Perowskit gefunden, welche die Zellen deutlich stabiler macht: Ausgestattet mit der zusätzlichen 2D-Schicht blieb ihr Wirkungsgrad während 800 Betriebsstunden annähernd konstant. Damit komme ein stabiler Langzeitbetrieb von Solarzellen aus Perowskit in Griffweite, sagt Projektleiter Majed Chergui.

Wie Ladungen Grenzen überhüpfen

Zudem haben sich Chergui und seine Kollegen mit der Effizienz der Zellen beschäftigt, genauer, mit dem Ladungstransport. Denn zusätzlich zum Perowskit, das als Lichtfänger dient, benötigen die Solarzellen ein Transportmaterial, das die eingefangene Energie weiterleitet. Die Arbeitsteilung funktioniert so: Im Perowskit regt die Energie aus dem Sonnenlicht Elektronen an. Den Energieüberschuss leitet das Transportmaterial als elektrische Ladung ab. Erst dadurch fliesst Strom.

Die Solarzellen auf atomarer Ebene: unten die Gitterstruktur der Perowskitkristalle, oben zwei verschiedene Transportmaterialien – links ein bisher benutztes Material, rechts das neu synthetisierte FDT.
Die Solarzellen auf atomarer Ebene: unten die Gitterstruktur der Perowskitkristalle, oben zwei verschiedene Transportmaterialien – links ein bisher benutztes Material, rechts das neu synthetisierte FDT. M. K. Nazeeruddin

Es ist also ein Material gefragt, das Ladungen möglichst schnell transportiert. Ausserdem ist entscheidend, wie die Kontaktfläche zwischen den beiden Schichten – Perowskit und Transportmaterial – aussieht. Denn die Kontaktfläche bestimmt, wie viel der eingefangenen Energie wieder verloren geht.

Um diesen Ladungstransport zu verbessern, haben die Lausanner Chemiker ein neues Transportmaterial synthetisiert: ein sogenanntes Fluoren-Dithiophen, kurz FDT. Dessen molekulare Struktur hat das Forscherteam systematisch modifiziert und jeweils mittels ultraschneller optischer Spektroskopie vermessen. Diese Analysen zeigen, wie die chemischen Bestandteile im FDT elektrische Ladungen übertragen und wie gut die Energie an der Grenzfläche vom Perowskit auf das FDT übergeht. Auf diese Weise optimieren die Chemiker die chemische Struktur des FDT sukzessive für einen möglichst effizienten Ladungstransport.

Solarzellen für die Zukunft

Die Solarzellen, welche die Forschenden aufgrund der bisherigen Erkenntnisse entwickelt haben, sind nun stabiler als bisherige Perowskitzellen und zugleich effizienter als kommerzielle Siliziumzellen. Zum Vergleich: Die heute am meisten benutzten Zellen aus polykristallinem Silizium erreichen unter Laborbedingungen einen Wirkungsgrad zwischen 15 und 20 Prozent. Unter realen Bedingungen draussen ist es weniger, dort bleiben noch 12 bis 16 Prozent. Etwas effizienter sind Zellen aus sogenanntem monokristallinem Silizium, deren Herstellung allerdings deutlich teurer ist. Im Labor weisen sie einen Wirkungsgrad von 19 bis 22 Prozent auf. Die neuen Zellen aus Perowskit indessen überschreiten diesen Wert bereits jetzt mit einem Wirkungsgrad von über 22,5 Prozent. Und da solche Zellen erst seit wenigen Jahren erforscht und weiterentwickelt werden, gibt es noch viel Potenzial nach oben.

«Die Fortschritte, die wir bei der Energieumsetzung mit Perowskitzellen sehen, sind tatsächlich spektakulär», sagt Chergui. Und er glaubt, dass die Ladungsübertragung und die Stabilität der Zellen durch die laufende Forschung noch wesentlich verbessert werden kann. Schon in wenigen Jahren dürfte laut dem Physikprofessor ein Wirkungsgrad von 30 Prozent realistisch werden. Die Erkenntnisse aus der Forschung sollen schliesslich industriellen Herstellern helfen, bessere Solarmodule zu entwickeln.

Kontakt und Team

Prof. Majed Chergui

Laboratory of Ultrafast Spectroscopy
EPFL SB ISIC LSU
Station 6
1015 Lausanne

+41 21 693 04 57
majed.chergui@epfl.ch

Majed Chergui

Projektleiter

Mohammad Khaja Nazeeruddin

Ursula Röthlisberger

Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 17.12.2018 ab.