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Autofahren mit Methan

Wer seinen CO2-Ausstoss senken möchte, sollte auf das Autofahren am besten verzichten. Doch das ist nicht für jedermann möglich. Eine attraktive Alternative ist Methan als Treibstoff. Die Herstellung dieses Treibstoffs würde auch das Speicherproblem von Sonnen- und Windenergie lösen, da Methan längerfristig speicherbar ist.

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «Methan für Transport und Mobilität».
Ob Autos künftig mit erneuerbarem Methan statt fossilen Brennstoffen betankt werden, wird eher eine politische Frage als eine technische sein.
Ob Autos künftig mit erneuerbarem Methan statt fossilen Brennstoffen betankt werden, wird eher eine politische Frage als eine technische sein. iStock
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • Synthetisches Erdgas ist nicht nur erneuerbar und klimaneutral produzierbar, sondern funktioniert auch als Speicher für erneuerbare Energien.
  • Die Herstellung des Gases ist technisch möglich und das Schweizer Gasnetzwerk gut ausgebaut, so dass auch das Methan darüber verbreitet werden kann.
  • Ob das Gas jedoch künftig in der Schweiz genutzt wird, hängt vor allem von politischen Entscheiden ab.

Die Hälfte des vom Menschen verursachten CO2-Ausstosses in der Schweiz stammt aus dem Strassenverkehr. Diese Emissionen gilt es zu senken. Dazu hat sich die Schweiz im Rahmen der Energiestrategie 2050 verpflichtet. Das Auto in der Garage stehen zu lassen und auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen wäre zwar mit Abstand die beste Lösung, kommt aber bei weitem nicht für alle in Frage. So müssen andere Lösungen her. Eine davon ist, auf andere Treibstoffe umzusatteln. Solche, die erneuerbar sind und klimaneutral produziert werden können. Zum Beispiel synthetisches Erdgas – was nichts anderes ist als künstlich hergestelltes Methan. Es ist im Hinblick auf die Umsetzung der Energiestrategie besonders interessant. Denn wenn in Zukunft das Auto mit synthetischem Erdgas betankt wird, schlägt das zwei Fliegen mit einer Klappe.

Erstens, wenn die Schweiz, wie geplant, verstärkt auf erneuerbare Energien, wie Sonnen- und Windenergie setzt, sind Schwankungen in der Energieproduktion unvermeidlich. Denn die Sonne scheint nicht immer, wenn wir den Strom brauchen und der Wind bläst nicht immer gleich stark. Umgekehrt wird aber auch Energie produziert, wenn kein Bedarf besteht. Genau dieser Strom lässt sich dazu nutzen, um das synthetische Gas herzustellen. Das Gas funktioniert somit als langfristiger Energiespeicher – Speicherbatterien sind gut in der kurzfristigen Speicherung.

Und zweitens wird der erneuerbare Treibstoff aus CO2 hergestellt. Das Treibhausgas wird somit zu einer Ressource. Ob und unter welchen Bedingungen das synthetische Erdgas als Treibstoffersatz für den Schweizer Strassenverkehr Potenzial hat, haben Boris Meier als Projektleiter und das Team von Markus Friedl, Professor am Institut für Energietechnik an der HSR in Rapperswil, untersucht. Ihr Fazit: Ob Methan künftig als Treibstoff im Strassenverkehr zum Einsatz kommt, ist weniger eine technische, sondern eher eine politische Frage.

Wasser und Kohlendioxid als unerschöpfliche Ressourcen

Synthetisches Erdgas

Synthetisches Erdgas, welches im Automotor als Treibstoff verwendet werden kann, ist Methan (CH4). Hergestellt wird es mithilfe von erneuerbarem Strom, Kohlendioxid (CO2) und Wasser. Der Strom dient dazu, um erstens das Wasser in einem als Elektrolyse bezeichneten Verfahren in Sauerstoff und Wasserstoff zu spalten und zweitens das CO2 aus der Luft, den Rauchgasen einer KVA oder aus einer Biogasanlage zu filtern. Der Wasserstoff reagiert dann mit dem CO2 zu Methan, mit dem sich später ein dafür ausgerüstetes Auto fahren lässt. Ein mit synthetischem Gas betriebenes Auto stösst rund 20 Prozent weniger Treibhausgase aus als ein Benziner und die restlichen 80 Prozent wurden bei der Gasherstellung aus der Atmosphäre bezogen. Somit ist Mobilität mit synthetischem Methan nahezu CO2-neutral.

Für die Herstellung des erneuerbaren Treibstoffs braucht es Wasser, Kohlendioxid aus der Luft und Strom (siehe Box). Die Rohstoffe Wasser und CO2 sind in der Schweiz praktisch unbegrenzt verfügbar. Selbst wenn der gesamte Schweizer Strassenverkehr für ein Jahr mit synthetischem Gas betrieben würde, würde dies gemäss Berechnungen nur zwei Prozent des jährlichen Trinkwasserverbrauchs der Schweizer Bevölkerung entsprechen. Als CO2-Quelle dient die Luft. Da in der Schweiz 15 Prozent der CO2-Emissionen konzentriert an 35 Standorten, wie Zementfabriken oder Kehrichverbrennungsanlagen anfallen, schlagen die Forscher vor, dass dieser Rohstoff direkt an den Orten der Entstehung gewonnen wird. Hier ist der Filterprozess deutlich effizienter, als wenn das CO2 irgendwo aus der Luft gefiltert wird.

Die grössten Fragen wirft die Verfügbarkeit des Stroms auf, welcher für die Herstellung des Gases nötig ist. Wenn der gesamte Strassenverkehr neu mit Methan geführt wird, könnten zwar bis zu 52 Prozent der in der Schweiz freigesetzten Treibhausgasemissionen reduziert werden. Diese Rechnung geht jedoch nur auf, wenn der Strom aus erneuerbaren Energiequellen stammt und nicht etwa aus Kraftwerken, die mit fossilen Brennstoffen (Erdöl, Gas, Kohle) betrieben sind und so CO2 freisetzen. Darum, so die Forschenden, ist es wichtig, dass die Schweiz für die Produktion von Methan als Treibstoff keinen Strom aus dem Ausland importiert.

Kostspielige Technologie

Ob die Herstellung von synthetischem Gas effizient ist oder nicht, hängt vor allem davon ab, wie effizient die Elektrolyse des Wassers ist. Das Verfahren ist zwar technologisch etabliert, jedoch sind die Kosten für die Anschaffung solcher Elektrolysegeräten momentan noch hoch und auch deren Effizienz kann noch gesteigert werden.

Anlagen zur Herstellung des Synthesegases gibt es in der Schweiz, bis auf eine Testanlage an der Hochschule für Technik in Rapperswil (HSR), noch keine. Und zur Speicherung des Methangases müssten in der Schweiz erst noch Tanks erstellt werden. Jedoch gibt es in Frankreich und Deutschland nahe der Grenze genug Speicherkapazität, um mit der Umsetzung des Projektes zu beginnen. Bereits in genügendem Mass ausgebaut wäre gemäss den Forschenden das Netz der Gasleitungen, über welches auch das synthetisierte Methan verteilt werden könnte.

Akzeptanz, Markt und politische Entscheide

Somit stellen für die Schweiz weder die Ressourcen noch die Technik unüberwindbaren Hürden dar. Schwieriger einzuschätzen sind aber Akzeptanz, Markt, und die politischen Prozesse. Um trotzdem etwas über die Machbarkeit des Projektes aussagen zu können, haben sich die Forschenden auch über diese Faktoren Gedanken gedacht und sind zu folgenden Schlüssen gekommen:

  • Akzeptanz: Laut Interviews mit Besuchern der Synthesegasanlage an der HSR in Rapperswil drücken viele Bürger ihre Bedenken aus, was die Sicherheit von Gastankstellen und Fahrzeugen anbelangt. Völlig zu Unrecht, wie die Forschenden finden. Denn das Gasnetz und Erdgasheizungen sind in der Schweiz bereits gut etabliert und akzeptiert. Somit sei es wichtig, die Bevölkerung über den Umgang mit gasbetriebenen Fahrzeugen aufzuklären.
  • Markt: Eine weitere Unsicherheit, welche die Einschätzung des Potenzials der Anwendung von synthetischem Gas schwierig macht, ist die zukünftige Marktlage. Ob sich die Produktion von synthetischem Methan etablieren kann, hängt von Grössen ab wie dem Strompreis, dem Gaspreis auf den internationalen Märkten und den Wechselkursen.
  • Politische Entscheide: Unter der heutigen Legislatur würden auf den Strompreis für die Herstellung von synthetischem Methan eine Netzgebühr, sowie weitere Abgaben beim Verkauf des Methans erhoben werden. Diese Abgaben hätten die Konsumenten zu zahlen – ähnlich denen, die Schweizer Bürger bereits heute bezahlen, sollten sie sich für ein Strompaket entscheiden, das zu einem grossen Teil aus erneuerbaren Energien besteht. Damit wäre das erneuerbare Gas nicht konkurrenzfähig mit fossilen Brennstoffen. Sollte jedoch beispielsweise die Netzgebühr erlassen werden, könnte die Gasproduktion bereits in zehn bis zwanzig Jahren profitabel werden.

Eine weitere Möglichkeit, synthetisches Gas konkurrenzfähiger zu machen, wäre die Einführung von Lenkungsgebühren auf Diesel oder Benzin. Ein Beispiel: Wenn eine Kilowattstunde Strom für die Erzeugung von erneuerbarem Gas 13 Rappen kostet (inklusive Netzgebühren), müssten auf Diesel oder Benzin 2,7 Schweizerfranken pro Liter erhoben werden, um die Preisdifferenz ausgleichen zu können. Über die Jahre könnte eine solche Gebühr auch Schritt für Schritt erhöht werden. Damit würden fossile Brennstoffe zunehmend unattraktiver und der Umstieg auf erneuerbares Methan rentabler.

Abschliessend können die Forschenden also sagen, dass mit Hilfe der richtigen politischen Rahmenbedingungen der Einsatz von synthetischem Methan als Treibstoff für den Schweizer Strassenverkehr ein grosses Potenzial aufzeigt. Denn ist das Gas erst einmal konkurrenzfähig mit konventionellen Treibstoffen, ist damit nicht nur das Speicherproblem von Strom aus Wind- und Solarkraftwerken aus der Welt geschafft. Gleichzeitig trägt die Umwandlung von CO2 zu Methan auch aktiv zur Senkung der Treibhausgasemissionen der Schweiz bei.

Produkte aus diesem Projekt

Kontakt und Team

Prof. Markus Friedl

HSR Hochschule für Technik Rapperswil
Oberseestrasse 10
Postfach 1475
CH-8640 Rapperswil

+41 55 222 43 33 markus.friedl@hsr.ch

Markus Friedl

Projektverantwortlicher

Boris Meier

Andreas Züttel

Peter Graf

Karl Frauendorfer

Urs Baier

Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 02.05.2019 ab.