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Energieeffizienz in Firmen – ein heisses Eisen

In vielen Schweizer Unternehmen mit grossem Energieverbrauch gibt es erhebliches Sparpotenzial. Dazu wäre ein Energiemanagement nötig. Doch in der Schweiz gibt es erst wenige Firmen, die speziell ausgewiesene Fachleute mit solchen Aufgaben betrauen.

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «Determinanten von Investitionen in Energieeffizienz».
In der Industrie, zum Beispiel in der Metallverarbeitung, sind teils gewaltige Energiemengen nötig – doch Energieeffizienz ist in der Schweiz erst wenigen Firmen wichtig.
In der Industrie, zum Beispiel in der Metallverarbeitung, sind teils gewaltige Energiemengen nötig – doch Energieeffizienz ist in der Schweiz erst wenigen Firmen wichtig. Shutterstock
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • Noch ist Energieeffizienz erst in wenigen Firmen ein wichtiges Thema und dem Energiemanagement wird kaum Aufmerksamkeit gewidmet.
  • Doch ein Energiemanagement in den Firmen wäre zentral, um über Effizienzmassnahmen zu entscheiden. Noch fehlen dazu aber Überwachungsprozesse und quantitative Daten.
  • Anreize dazu könnten nicht zuletzt kantonale und nationale Gesetze schaffen.

In vielen Unternehmen gibt es beträchtliches Potenzial, den Energieverbrauch zu senken. Und doch werden Massnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz oft nicht eingeführt – selbst wenn sie hochprofitabel wären. Dies ist das Resultat dieses Forschungsprojekts. Darin untersuchten Forschende der Beratungsbüros Infras und Impact Energy und der Université de Neuchâtel , wie Firmen in energieintensiven Branchen versuchen, Energie zu sparen.

Die Forschenden führten eine Umfrage bei 3670 sogenannten Large-scale energy consumers (LSEC) durch. Dazu gehören beispielsweise Firmen der Zement- und Metallindustrie, aber auch Papierfabriken oder Bauunternehmen. Über 300 Firmen füllten den Online-Fragebogen aus. Von diesen Unternehmen wählten die Forschenden dann 26 aus, mit denen sie persönliche Interviews führten. So wollten sie ihre vorgängigen Annahmen bestätigen oder aber verwerfen. Die Ergebnisse dieser beiden Befragungen vertieften die Forschenden schliesslich anhand von fünf Fallstudien in einzelnen Firmen. Dabei beobachteten sie unter anderem den Energieverbrauch und welche Energieeffizienz-Massnahmen die Firmen bereits umsetzen.

Energiemanagement in den Firmen

Auch in energieintensiven Branchen wie der Metallindustrie gibt es vielerorts keine Budgetkategorie für Energiesparmassnahmen.
Auch in energieintensiven Branchen wie der Metallindustrie gibt es vielerorts keine Budgetkategorie für Energiesparmassnahmen. Shutterstock

Vor ihrer Untersuchung gingen die Forschenden davon aus, dass ein besseres Energiemanagement dazu beiträgt, dass die Geschäftsleitung Energieeffizienz als strategisch wichtig ansieht. Doch in den empirischen Analysen zeigte sich dann genau der gegenteilige Mechanismus: Wenn einer Firma Energieeffizienz wichtig ist, verfügt sie über ein besseres Energiemanagement. Dieses sollte Entscheidungsträger mit Daten über Energiekonsum und -kosten und Sparmöglichkeiten versorgen.

Insgesamt aber ist das Level des Energiemanagements in der Schweiz noch gering: Auf einer 23-Punkte-Skala erreichen die hiesigen Unternehmen im Mittel bloss 10,3 Punkte. So können zum Beispiel viele Firmen ihre Investitionen in Energieeffizienz kaum beziffern – oftmals gibt es nicht einmal eine Budgetkategorie für Energiesparmassnahmen.

Aus diesen Beobachtungen schliessen die Forschenden, dass Energiethemen vielerorts keine hohe Priorität geniessen. Als Grund dafür nennen sie die geringen Kosten für die Energie; typischerweise liegen sie im Bereich von einem bis drei Prozent des jährlichen Umsatzes. Zwar sagen 60 Prozent der Firmen, die Effizienzmassnahmen umgesetzt haben, dass ihr Energieverbrauch gesunken sei. Doch dies sind qualitative Einschätzungen, harte Zahlen fehlen zumeist. Denn viele Firmen verfügen nicht über ein entsprechendes Monitoring. So zeigte sich in den Fallstudien auch, dass das Sparpotenzial nicht ausgeschöpft wird. Beispielsweise waren Elektrogeräte wie Pumpen oder Kompressoren veraltet oder die Anlagen überdimensioniert.

Politik in der Pflicht

Rechtliche Vorgaben haben einen grossen Einfluss darauf, ob energieintensive Firmen versuchen, Energiesparmassnahmen zu ergreifen. Die wichtigsten Vorgaben sind derzeit die CO2-Ziele des Bundes. Dass künftig weitere Vorgaben dazukommen könnten, antizipieren Firmen meist nicht – ebenso wenig wie höhere Energiepreise. Ihre Entscheidungen basieren oft auf den gegenwärtigen Preisen – dass diese steigen könnten, geht meist vergessen.

Gerade weil die Anforderungen von Bund und Kantonen zu sparsamerem Umgang mit Energie führen können, sind die Forschenden der Ansicht, dass die Politik auf Bundes- und Kantonsebene in dieser Hinsicht weiter gestärkt werden sollte. Erstens, indem sie in Zielvereinbarungen mit Unternehmen stärkere Effizienzfortschritte verlangt, die sie als zwingende Gegenleistung für eine CO2-Abgabebefreiung fordert; zweitens, indem sie mit flankierenden Massnahmen im Bereich der Information, Aus- und Weiterbildung sowie Fachberatung dazu beiträgt, dass das Profil des betrieblichen Energiemanagements geschärft und mit besserem Argumentarium sowie Tools ausgerüstet ist; und drittens, indem sie den Diskurs zu höheren Energieabgaben sowie weitergehenden Vorschriften – zum Beispiel ein obligatorisches Energieaudit für Grossverbraucher – sachlich und engagiert weiterführt.

Produkte aus diesem Projekt

Kontakt und Team

Rolf Iten

INFRAS
Binzstrasse 23
8045 Zürich

+41 44 205 95 95 rolf.iten@infras.ch

Rolf Iten

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Conrad U. Brunner

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Moez Ouni

Alain Schönenberger

Rita Werle

Alexander Wunderlich

Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 18.06.2019 ab.