Meiner Merkliste hinzufügen
Als PDF downloaden

Energieverbrauch – schwer zu steuern

Mit ökologischen Steuern und Lenkungsabgaben versuchen die Kantone, den Energieverbrauch zu senken. Die Wirksamkeit solcher Massnahmen haben Ökonomen der Universität Luzern an zwei Beispielen untersucht – und sind auf ein ernüchterndes Ergebnis gekommen.

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «Steueranreize für eine Senkung des Energieverbrauchs».
Wenn sich Käuferinnen und Käufer über die vollen Kosten im Klaren wären, könnten Steueranreize für sparsamere Autos mehr Wirkung entfalten.
Wenn sich Käuferinnen und Käufer über die vollen Kosten im Klaren wären, könnten Steueranreize für sparsamere Autos mehr Wirkung entfalten. Adobe Stock/Maksym Povozniuk
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • Kantonale Fahrzeugsteuern mit Anreizen für sparsame und emissionsarme Autos zeigten nicht die erwünschte Wirkung.
  • Eine 1999 in Basel eingeführte Lenkungsabgabe auf Strom hatte kaum Einfluss auf den Energieverbrauch.
  • Damit Steuern und Lenkungsabgaben wirksam sind, muss ihr Einfluss auf die Preise klar ersichtlich sein.

Um den Individualverkehr in eine effizientere Richtung zu lenken, haben viele Kantone in den letzten Jahren ökologische Fahrzeugsteuern eingeführt. Ein Steuerrabatt für Energieeffizienz oder tiefen CO2 -Ausstoss soll Anreize zum Kauf sparsamerer Fahrzeuge geben. Dasselbe Ziel verfolgt die Lenkungsabgabe auf Strom, mit welcher der Kanton Basel-Stadt seit 1999 sparsamen Verbrauch belohnt. Dabei erhebt der Stadtkanton auf jede verbrauchte Kilowattstunde 4 bis 5,2 Rappen Abgabe und verteilt das Geld als jährlichen Bonus gleichmässig an Privatpersonen und Betriebe zurück.

Hinter beiden umweltpolitischen Instrumenten steht ein klassisches Marktgesetz: Wenn der Preis steigt, sinkt die Nachfrage. Also sollte sich mit einer Anpassung der effektiven Preise die Nachfrage nach Energie steuern lassen. Soweit die Theorie. In der Praxis aber erwiesen sich Verbraucherinnen und Verbraucher als nicht so leicht beeinflussbar. Dies zeigen Ökonomen der Universität Luzern in zwei Studien zu den Fahrzeugsteuern und der Basler Stromlenkungsabgabe.

Den Markt verstehen

Mit einem sogenannten strukturellen ökonometrischen Modell simulierten die Forschenden, wie Kunden beim Kauf eines Autos verschiedene Kriterien gegeneinander abwägen. Ein zentrales Kriterium sind dabei die Kosten – dazu gehören neben dem Kaufpreis auch die Fahrzeugsteuern.

Das Modell berücksichtigt Neuzulassungen von Autos zwischen 2003 und 2012, und führt zeitliche und kantonale Unterschiede in den Marktanteilen der Modelle und Marken auf den Einfluss der Steueranreize zurück. Diese unterscheiden sich von Kanton zu Kanton und sind zu unterschiedlichen Zeitpunkten eingeführt worden. Da es auch Kantone gibt, die keine ökologischen Steueranreize kennen, ist das Modell in der Lage, Veränderungen auszuschliessen, die nichts mit den Steuern zu tun haben.

Zusätzlich untersuchten die Forschenden den statistischen Zusammenhang zwischen den steuerlichen Anreizen, dem Treibstoffverbrauch und dem Fahrverhalten. Denn die ökonomische Lehre kennt auch den so genannten «Rebound-Effekt». Dieser besagt, dass eine Massnahme auch einen der beabsichtigten Wirkung entgegengesetzten Effekt haben kann. Konkret: Der Effizienzgewinn im Verkehr vergünstigt das Fahren, so dass die Einsparungen durch Mehrfahrten kompensiert werden.

Die zweite Studie untersuchte die Wirkung der Basler Lenkungsabgabe auf den Stromverbrauch. Um zu bestimmen, wie hoch der Verbrauch ohne die Abgabe ausgefallen wäre, wendeten die Ökonomen einen Kniff an: Aus den Daten von 34 anderen Schweizer Städten ohne entsprechende Abgabe setzten sie eine künstliche Stadt zusammen, die Basel vor der Einführung der Stromabgabe repräsentierte. An diesem hypothetischen Basel liess sich dann der Stromverbrauch ohne Lenkungsabgabe ablesen.

Klare Preissignale entscheidend

Gemäss den beiden Studien hatten weder die Fahrzeugsteuern noch die Stromlenkungsabgabe den erwarteten Einfluss auf den Energieverbrauch. Durch die Abgabe wurden in Basel lediglich gegen drei Prozent Strom eingespart, und selbst dieser Effekt ist statistisch nicht gesichert. Bei den Autoverkäufen scheinen die ökologischen Anreize gar jegliche Wirkung zu verfehlen. Immerhin blieb auch der befürchtete Rebound-Effekt aus. Dass die Automobilisten durch sparsamere Autos nicht zu Mehrfahrten verleitet wurden, ist jedoch ein schwacher Trost.

Interessanterweise reagierte der Fahrzeugmarkt auf Unterschiede im Kaufpreis, nicht jedoch auf Steueranreize. Dies, obwohl beides in die schlussendlichen Kosten einfliesst. Die Forschenden interpretieren diesen Widerspruch damit, dass die Preissignale nicht bei den Kunden ankamen. Denn die Kosten der Steuern fallen über Jahre nach dem Kauf an und stehen nicht auf dem Preisschild. Da Autoverkäufer das Thema Steuern eher meiden, werden den Kunden diese Kosten oft erst bei der Fahrzeugzulassung bewusst.

Auch das schlechte Abschneiden der Basler Lenkungsabgabe hat – so die Interpretation der Forscher – mit der Wahrnehmung der Konsumentinnen und Konsumenten zu tun. Denn die Einführung der Lenkungsabgabe wurde so gestaltet, dass die Stromrechnungen insgesamt kaum anstiegen. Dabei hätten Behörden und Medien, gemäss den Forschenden – zu wenig aufgezeigt, wie sehr sich mit der neuen Abgabe das Stromsparen lohnt.

Die negativen Ergebnisse mögen enttäuschen, doch sie enthalten auch eine wertvolle Lehre, sagen die Ökonomen: Damit Energiesparanreize ihre erwünschte Wirkung entfalten, sei es zentral, dass die vollen Kosten sich klar und eindeutig im Preis abzeichnen und zum Zeitpunkt des Kaufs deutlich sichtbar sind.

Produkte aus diesem Projekt

Kontakt und Team

Prof. Simon Lüchinger

Ökonomisches Seminar Universität Luzern
Frohburgstrasse 3
Raum 4.B30
8093 Zürich

+41 41 229 58 30
simon.luechinger@unilu.ch

Simon Lüchinger

Projektleiter

Benjamin Krebs

Florian Roth

Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 17.06.2019 ab.