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Nachhaltigere Mobilität dank Spiel und Wettbewerb

Würden mehr Leute öfter auf das Auto verzichten, könnte eine grosse Menge an Energie gespart werden, was wiederum weniger CO2-Emissionen bedeuten würde. Eine App namens GoEco! will das Verhalten ihrer Nutzer so verändern, dass sie nachhaltiger und klimafreundlicher unterwegs sind.

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «Virtueller Wettstreit zugunsten energieeffizienter Mobilität».
Nichts als rote Bremslichter: Ein alltägliches Bild auf den Strassen der Schweiz.
Nichts als rote Bremslichter: Ein alltägliches Bild auf den Strassen der Schweiz. Shutterstock
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • Mobilität macht einen grossen Anteil am Energieverbrauch der Schweiz aus. Dementsprechend ist das Sparpotenzial in diesem Bereich gross, indem man beispielsweise öfters auf das Auto verzichtet.
  • Um Schweizerinnen und Schweizer zu motivieren, häufiger mit dem öffentlichen Verkehr, zu Fuss oder mit dem Fahrrad unterwegs zu sein, entwickelten Forschende die App GoEco!.
  • Die App zeichnet die Gewohnheiten der Nutzer auf, gibt ihnen Tipps, wie sie ihre täglichen Routen nachhaltiger zurücklegen können, und bietet einen Wettbewerb zwischen den Teilnehmenden.
  • Nach einem Jahr hatte sich die Anzahl Kilometer, welche die Teilnehmenden aus dem Tessin mit dem Auto zurücklegten, verringert und sie nutzten häufiger alternative Fortbewegungsmittel.

Jeden Tag verstopfen Tausende von Autos die Schweizer Innenstädte und Autobahnen. Für die Autofahrer ist das mühsam – für unser Klima aber ein riesiges Problem. Mobilität macht rund einen Drittel des Energieverbrauchs der Schweiz aus und ist daher auch für einen grossen Anteil des CO2-Ausstosses verantwortlich. Das Sparpotenzial wäre in diesem Bereich gross, der Wille, am eigenen Mobilitätsverhalten etwas zu ändern, ist es in den meisten Fällen aber nicht. Deshalb wollten Forschende der Fachhochschule Südschweiz SUPSI und der ETH Zürich herausfinden, wie Schweizerinnen und Schweizer dazu bewegt werden können, das Auto öfter stehen zu lassen und auf andere, nachhaltigere Verkehrsmittel umzusteigen. Dafür entwickelten sie die App GoEco!: Sie zeichnet die Mobilitätsgewohnheiten der Nutzer auf, bietet ihnen Tipps, wie sie ihr Verhalten verbessern können, und gibt ihnen die Gelegenheit, sich mit anderen Nutzern zu messen. Ziel der App ist es, das Verhalten der Nutzer langfristig zu verändern, sodass sie nachhaltiger und klimafreundlicher unterwegs sind.

Nachhaltigere Alternativen für alltägliche Routen

Auflistung einzelner Fahrten in der App.
Auflistung einzelner Fahrten in der App. SUPSI

Um GoEco! zu testen, führten die Forschenden während einem Jahr einen Feldversuch durch. Dafür rekrutierten sie Freiwillige aus zwei Regionen der Schweiz: zum einen aus der Stadt Zürich, die dicht besiedelt ist, über ein gut ausgebautes ÖV-Netz verfügt und auch für Velofahrer und Fussgänger die nötige Infrastruktur wie Velowege und Trottoirs bietet. Zum anderen kamen Testteilnehmer aus dem Kanton Tessin, der deutlich weniger dicht besiedelt ist und in dem die Alternativen zum Auto häufig fehlen. Alle Testpersonen wurden dazu aufgefordert, mithilfe der App ihre Routen aufzuzeichnen. Damit die Forschenden dafür nicht extra einen eigenen Mobilitäts-Tracker entwickeln mussten, koppelten sie GoEco! mit einer Fitness-App namens Moves. Sie misst die Distanzen, die zurückgelegt werden, und kann auch die Geschwindigkeit bestimmen. Da Moves nicht erkennen kann, ob jemand mit dem Bus, Tram, Zug oder Auto unterwegs ist, haben die Forschenden eine Methode entwickelt, welche anhand der Geschwindigkeit der Fortbewegung, der Beschleunigung und der Orte, an denen angehalten wird, erkennt, mit welchem Verkehrsmittel sich die Testperson fortbewegt.

Für jede zurückgelegte Route bekamen die User ein Feedback über die zurückgelegte Distanz, die Dauer sowie über Energieverbrauch und CO2-Ausstoss. Zudem erhielten sie wöchentlich eine Zusammenfassung ihres Mobilitätsverhaltens. Für die Routen, welche die Testpersonen regelmässig zurücklegten, schlug ihnen die App Alternativen vor, beispielsweise, Strecken von weniger als einem Kilometer zu Fuss zurückzulegen oder für Strecken von weniger als drei Kilometern das Velo zu nehmen. Die Forschenden konzentrierten sich mit ihren Vorschlägen für eine nachhaltigere Mobilität vor allem auf solche regelmässigen Strecken wie den Arbeitsweg oder den Weg zum Einkaufen. Denn die Veränderung dieser Routen ist einfacher planbar und erzielt zudem den grösseren Effekt, da bei diesen mit der Wahl von nachhaltigeren Fortbewegungsmöglichkeiten praktisch täglich Energie gespart werden kann.

Wettbewerb zwischen den Teilnehmenden

Wöchentliche Zusammenfassung des Mobilitätsverhaltens in der App.
Wöchentliche Zusammenfassung des Mobilitätsverhaltens in der App. SUPSI

Um die Testpersonen zusätzlich zu motivieren, bot ihnen die App die Möglichkeit, sich persönliche Ziele zu setzen und Challenges zu absolvieren. Solche Challenges waren zum Beispiel, das Auto das ganze Wochenende lang nicht zu benutzen oder in dieser Woche sämtliche kurzen Routen zu Fuss oder mit dem Fahrrad zurückzulegen. Anhand der Erreichung ihrer persönlichen Ziele und davon, wie viele Challenges sie erfolgreich absolvierten, konnten die User sich dann mit anderen Teilnehmenden messen.

Obwohl von den rund 600 Freiwilligen, die sich für den Versuch gemeldet hatten, nach einem Jahr nur noch 52 die App nutzten, konnten die Forschenden einige aussagekräftige Ergebnisse gewinnen. So zeigte sich, dass die Teilnehmenden aus dem Kanton Tessin weniger Kilometer mit dem Auto zurücklegten als am Anfang des Experiments. Dementsprechend vergrösserte sich der Anteil an Kilometern, die sie mit dem öffentlichen Verkehr, zu Fuss oder mit dem Velo zurückgelegt hatten. Das hatte auch positive Auswirkungen auf die CO2-Emissionen: Durchschnittlich sparten die Teilnehmenden auf jeden Kilometer ihrer alltäglichen Routen 33,1 Gramm CO2 ein.

Bei den Testpersonen aus der Stadt Zürich hingegen zeigten sich keine signifikanten Unterschiede, was laut den Forschenden wahrscheinlich daran liegt, dass der öffentliche Verkehr bereits vorher eine wichtige Rolle in ihrem täglichen Leben spielte.

Das GoEco!-Projekt ist fürs Erste beendet, die Forschenden konnten aber wichtige Erkenntnisse gewinnen und Empfehlungen formulieren. Davon konnten Folgeprojekte profitieren, beispielsweise das Projekt Green Class der SBB.

Kontakt und Team

Roman Rudel

Istituto sostenibilità applicata all'ambiente costruito
Campus Trevano, Via Trevano
6952 Canobbio

+41 (0)58 666 63 51
roman.rudel@supsi.ch

Roman Rudel

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Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 13.06.2019 ab.