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Ultrahochleistungs-Faserbeton: Verformbar wie Stahl, giessbar wie Beton

Ein neuer Ultrahochleistungs-Faserbeton kann Infrastrukturbauwerke kostengünstiger und umweltschonender machen – denn er enthält keine Stahlfasern.

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «Hochleistungsbeton». Dieses Projekt ist Teil des Verbundprojektes «Energiearmer Beton».
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • Bisher gebräuchliche Ultrahochleistungs-Faserbetons (UHFB) enthalten grosse Mengen Stahlfasern und Zement, was sie energieaufwändig macht.
  • Forschende der EPFL haben nun einen neuartigen UHFB entwickelt, der nur Kunststofffasern enthält.
  • Der neue UHFB enthält zudem 50 Prozent weniger Zement und ist dadurch viel umweltschonender.

Beton ist der in der Schweiz am häufigsten verwendete Baustoff – doch ist er sehr energieaufwändig: Denn die Herstellung von Zement – einem wichtigen Bestandteil des Betons – ist energieintensiv und setzt enorme Mengen CO2 frei: Zu seiner Gewinnung werden die beiden Ausgangsmaterialien Kalkstein, Ton und Mergel auf rund 1500 Grad Celsius erhitzt und zu einem Bindemittel umgewandelt. Dieses nennt sich Klinker. Der Klinker wird gemahlen und wird – zusammen mit anderen Inhaltstoffen wie Gips – so zu Zement zu bekommen. Beim Brennen entsteht pro Tonne Zement eine halbe Tonne CO2.

Im Rahmen des Verbundprojektes «Energiearmer Beton» wurden Methoden und Materialien entwickelt, welche Beton umweltfreundlicher machen. Forschende der EPFL haben sich in diesem Unterprojekt nun einem speziellen Material angenommen: Ultrahochleistungs-Faserbeton (UHFB). Dieser enthält heute eine grosse Menge Stahlfasern und einen hohen Anteil an Zement. Um ihn ökologischer zum machen, haben der EPFL-Wissenschaftler Emmanuel Denarié und sein Mitarbeiter Amir Hajiesmaeili einen neuen Ultrahochleistungs-Faserbeton entwickelt, der im Vergleich zu bestehenden Lösungen seine Umweltkosten um 75 Prozent reduziert. Und dies mit vergleichbaren Eigenschaften bezüglich Festigkeit, Verformbarkeit sowie dem Schutz gegen Flüssigkeiten und Gasen.

Kunststofffasern anstatt Stahlfasern

Bereits heute werden UHFB bei der Instandsetzung und Verstärkung von Brücken eingesetzt. Solche Lösungen sind um 50 Prozent umweltschonender als diejenigen mit normalem Stahlbeton.

Der neuartige UHFB der EPFL geht einen Schritt weiter: Er ist einerseits noch umweltschonender als bestehende Mischungen und andererseits genügend fest, um eine tragende Funktion für Bauwerken zu erfüllen. Zudem ist der UHFB sehr verformbar, wodurch er optimal ist für einen kombinierten Einsatz mit Bewehrungsstäben aus Stahl.

Der neuartige Ultrahochleistungs-Faserbeton enthält keine Stahlfasern mehr, sondern ultrahochmolekulare Fasern aus Polyethylen. Diese gehören zu den stärksten Kunststoffen, die es gegenwärtig gibt. Zudem ersetzt in der neuen UHFB-Mischung Kalkstein 50 Prozent des Zements.

Die mechanische Festigkeit des neuen UHFB genügt, um die Anforderungen der Tragwerksnorm für Ultra-Hochleistungs-Faserbeton, welche der Schweizerische Verein der Ingenieure und Architekten (SIA) herausgibt, zu erfüllen. Der neue Werkstoff mit Kunststoff- anstelle von Stahlfasern ist zudem leichter als der bisherige UHFB.

Optimal unter Zuglasten

Bei Baustoffen wie UHFB spielt aber nicht nur die Druckfestigkeit eine Rolle, sondern auch die Zugfestigkeit und Verformbarkeit. Auch diese haben die Forschenden für den neuen Werkstoff experimentell ermittelt – und dabei gleich noch die Methodik für solche Messungen verfeinert. Die neue Mischung schnitt dabei weit besser ab als die bisherige Mischung mit Stahlfasern.

Werkstoffe, in denen Beton steckt, verkürzen sich in den ersten Tagen nach dem Giessen. Werden diese Verformungen behindert, wie zum Beispiel beim Giessen auf bestehende Bauwerke, bilden sich sogenannte Eigenspannungen, die bei traditionellen Betons zu Rissen führen. Auch diese Eigenspannungen wurden mit dem neuen Werkstoff gemessen. Resultat: der neue UHFB baut viel weniger Eigenspannungen auf, als herkömmliche Mischungen.

Geringere Umweltkosten, weniger Eigengewicht, günstiger und mit verbesserten mechanischen Eigenschaften: Das neue Material hat ein hohes Potenzial, die Nachhaltigkeit von Baukonstruktionen markant zu verbessern. Deshalb empfehlen die Wissenschaftler der Baubranche: «Profitiert von den effektivsten Materialien wie ultrahochfestem Faserbeton und hört auf, Geld auszugeben für nicht beständige, unpassende Bauwerke.» Nun werden die Forschenden Tests an Schweizer Brücken durchführen, um die Eigenschaften des neuen UHFB weiter zu untersuchen.

Produkte aus diesem Projekt

Kontakt und Team

Dr. Emmanuel Denarié

Laboratory for Maintenance and Safety of Structures (MCS)
EPF Lausanne
Station 18
GC B3 435 (Bâtiment GC)
1015 Lausanne

+41 21 693 28 93
emmanuel.denarie@epfl.ch

Emmanuel Denarié

Projektleiter

Amir Hajiesmaeili

Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 17.12.2018 ab.