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Erneuerbares Methan für den Schweizer Winter

Damit saisonale Energien, wie beispielsweise die Solarenergie, jederzeit zur Verfügung stehen, müssen sie gespeichert werden können. Dabei hilft die Power-to-gas-Technologie, die erneuerbare Energie dafür nutzt, Methangas zu produzieren. Das Gas kann gespeichert, transportiert und wann immer nötig zur Energiegewinnung genutzt werden. Dieser Prozess ist schon lange bekannt, aber jetzt fängt man an, sich damit intensiver zu befassen: Forschende der Empa in Dübendorf wollen die Technologie vorantreiben und sie effizienter machen.

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «Katalytische Methanisierung».
Das Schweizer Gasnetz ist gut ausgebaut und wäre auch bereit, synthetisches Methan zu transportieren. Doch dafür muss die Herstellung energie- und kosteneffizienter werden.
Das Schweizer Gasnetz ist gut ausgebaut und wäre auch bereit, synthetisches Methan zu transportieren. Doch dafür muss die Herstellung energie- und kosteneffizienter werden. undefined
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • Synthetisches Methan kann erneuerbare Energien längerfristig speichern – etwa um Solarstrom vom Sommer in den Winter zu überführen.
  • Bisher musste synthetisch hergestelltes Methan jedoch gereinigt oder verdünnt werden, damit es in das gut ausgebaute Schweizer Gasnetzwerk eingespiesen werden konnte. Eine Reinigung ist aber ein Effizienzverlust, und eine Verdünnung kann nur eine Übergangslösung sein.
  • Forschende der Empa und der ZHAW haben jetzt ein hocheffizientes Verfahren bis zur Pilotreife entwickelt, das den Prozess zur Produktion von reinem Methan erheblich optimiert.

Sollen in der Schweiz im Rahmen der Energiestrategie 2050 die Kernkraftwerke durch erneuerbare Energien ersetzt werden, müssen saisonale Speicher her. Dafür kommen beispielsweise die Gase Wasserstoff oder Methan in Frage. Die Herstellung von erneuerbarem Methan ist aus zwei Gründen besonders interessant für die Schweiz: Erstens kann Methan helfen, die saisonalen Schwankungen der erneuerbaren Energien zu überbrücken. Und zweitens ist das Gasnetzwerk der Schweiz bereits gut ausgebaut. Somit könnte Methan über dieselbe Infrastruktur verteilt werden wie heute Erdgas.

Doch um kompetitiv mit anderen Speicherverfahren zu sein, muss die Effizienz der Herstellung verbessert werden. Dazu gehört zum einen die Effizienz der chemischen Reaktion selbst, zum anderen die langfristige Effizienz, die unter anderem von der Lebensdauer der Katalysatoren abhängt. Letztere hängt sowohl vom spezifischen Prozess als auch von den Verunreinigungen der Ausgangsstoffe ab. Insbesondere Kohlendioxid aus industriellen Quellen enthält Schwefelverbindungen, die als Katalysatorgift wirken. Das bedeutet, dass die Katalysatoren schneller altern. Diese Probleme können durch die Verwendung eines neuartigen Verfahrens abgeschwächt werden. Im Rahmen dieser Forschungsarbeit wurde das Prozessverfahren zur Herstellung von Methan auf ein technisches Level gehoben, bei dem in einem nächsten Schritt die Industrie gefragt sein wird, in den neuen Prototypen des Methanreaktors zu investieren.

Aus Kohlendioxid wird Methan

Die Power-to-Gas Methode

Die Idee dieser Methode besteht darin, dass überschüssige erneuerbare Energie dazu genutzt wird, aus Kohlendioxid aus industriellen Quellen wie der Zementindustrie oder Biogasanalagen Methan herzustellen. Das Methan fungiert nur als Energieträger, dessen chemisch gespeicherte Energie in Strom oder Wärme umgewandelt wird, wenn diese temporär nicht aus erneuerbarer Energie zur Verfügung steht, etwa im Winter. Der Prozess ist zweistufig: Die «Power», also der fluktuierende erneuerbare Strom, wird in die chemische Energie des Wasserstoffs durch die Spaltung von Wasser umgewandelt (siehe Solar-to-Gas). Wasserstoff ist ein guter Energieträger, jedoch nicht kompatibel mit der heutigen Erdgasinfrastruktur. Um «Erneuerbares Erdgas» («synthetic natural gas») zu gewinnen, werden Kohlendioxid und der Wasserstoff in einen Reaktor geleitet, wo sie unter dem passenden Druck, bei der richtigen Temperatur, und mit Hilfe von Katalysatoren zu Methan reagieren. Stammt das Kohlendioxid beispielsweise von Abgasen der Zementindustrie oder Biogasanlagen, können auch kleinste Verunreinigungen, wie Schwefeldioxid, in den Reaktor gelangen. Dies verringert die Lebensdauer der Katalysatoren. Dieses Problem wird entweder mit einer aufwändigen Filterung oder mit chemischen Prozessen unter Verwendung von resistenten Katalysatoren angegangen.

Wenn es darum geht, um aus Kohlendioxid (CO2) und Wasserstoff (H2) Methan (CH4) herzustellen, spielt die so genannte Konversionsrate eine wichtige Rolle. Diese Rate beziffert bei einer chemischen Reaktion, wie viel vom Ausgangsstoff zum Produkt überführt werden kann. Also im Fall der Methangenese: Wie viel Kohlendioxid kann effektiv zu Methan umgewandelt werden? Bis anhin lag diese Rate bei 90 Prozent. Was sich nach viel anhört, ist nicht genug, wenn das Methan in die bestehenden Gasleitungen zur Verteilung gelangen soll. Denn kleinste Verunreinigungen würden die Leitungen angreifen und korrodieren lassen.

Um dieses Problem zu beheben, haben Andreas Borgschulte und sein Team nach einer Methode gesucht, welche die Konversionsrate im Reaktor auf 100 Prozent hebt. Durch die Beigabe eines Sorptionsmittels ist ihnen dies gelungen. Das Mittel nimmt überschüssiges Wasser während der Reaktion auf und verbessert somit die Konversion. Im neu entwickelten Prozess wird nicht nur reineres Methan gewonnen, sondern auch die Reaktionsbedingungen sind milder. So müssen herkömmliche Reaktoren unter Druck gesetzt werden, was beim neuen nun nicht mehr nötig ist, denn die Prozesse laufen bei normalem Umgebungsdruck ab. Das spart nicht nur Energie, sondern auch Geld. Denn für den Bau eines Reaktors kann man nun auf teuren Stahl verzichten und ihn mit günstigerem Aluminium ersetzen. Das Team hat einen 1-kW-Reakor gebaut und in Betrieb genommen, der mit den neuen Sorptionskatalysatoren und verbesserter Konversionsrate arbeitet. Damit ist die Methode auf einem technischen Level angekommen, welches vom Bundesamt für Energie (BFE) als «Technology Readiness Level C» bezeichnet wird. Das heisst so viel wie: Die Industrie kann nun beginnen, Prototypen mit dieser neuen Technologie für ihre Zwecke zu nutzen.

Schwefel stört den Prozess

In der Schweiz soll das Kohlendioxid für die Methanherstellung an Orten genutzt werden, wo es in hohen Konzentrationen anfällt, also zum Beispiel bei Zementfabriken oder Biogasanlagen. Denn dort ist der Filterprozess um 18 Prozent effizienter, als wenn das CO2 irgendwo aus der Luft abgesaugt würde. Einen Nachteil hat dieses CO2 jedoch: Es kann mit Schwefeldioxid verunreinigt sein. Und das führt im Reaktor zu einem verfrühten Abbau der Katalysatoren. Bisher waren diese Verunreinigungen mit Schwefeldioxid ein grosses Problem bei der Herstellung von Methan. Die Forschenden fanden nun jedoch Katalysatoren aus Wolfram-Sulfiden, welche relativ resistent sind gegen die Einwirkung von Schwefeldioxid. Damit wird die Alterung der Katalysatoren verhindert und die langfristige (ökonomische) Effizienz des Prozesses verbessert. Allerdings erreichen diese Katalysatoren noch nicht die gewünschte Konversionsrate. Der extrapolierte Preis für erneuerbares Methan liegt bei 30 Rappen pro Kilowattstunde. Der Preis für Erdgas liegt heute bei etwa 3 Rappen pro Kilowattstunde. So ist es die Meinung der Forschenden, dass ohne Steuerung durch die Politik keine Chance besteht, dass das erneuerbare Gas konkurrenzfähig wird. Sie schlagen darum vor, dass der Staat Anreize schaffen oder Steuern auf fossile Brennstoffe erheben muss, um die Technologie Power-to-Gas vorwärtszubringen.

Kontakt und Team

Dr. Andreas Borgschulte

Empa
Überlandstrasse 129
LA 223
8600 Dübendorf

+41 58 765 46 39 andreas.borgschulte@empa.ch

Andreas Borgschulte

Projektleiter

Renaud Delmelle

Renata B. Duarte

André Heel

Jasmin Terreni

Andrina Wenger

Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 12.06.2019 ab.