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Die beste Alternative fürs Heizen und Kühlen: Abwärme nutzen

Heute noch verpufft viel Abwärme von industriellen Anlagen in der Luft, dabei könnte diese Energie aufgefangen und genutzt werden – mit sogenannten Adsorptionswärmepumpen. Nun haben Forschende des Paul Scherrer Instituts eine umfassende Bewertung der Umwelteinflüsse und der Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen erstellt und sie mit etablierten Heizsystemen verglichen.

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «Nachhaltigkeit von Adsorptionswärmepumpen». Dieses Projekt ist Teil des Verbundprojektes «Wärmenutzung durch Sorptionstechnologie».
Auch die Wärme von Holzpelletheizungen lässt sich mithilfe von Adsorptionswärmepumpen aufwerten – und damit effizienter und umweltschonender nutzen.
Auch die Wärme von Holzpelletheizungen lässt sich mithilfe von Adsorptionswärmepumpen aufwerten – und damit effizienter und umweltschonender nutzen. iStock
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • Sogenannte Adsorptionswärmepumpen könnten in Zukunft helfen, Wärmeenergie effizienter zu nutzen, indem sie Abwärme von Fabriken oder Rechenzentren auffangen.
  • Forschende des Paul Scherrer Instituts haben die Anlagen nun einer Nachhaltigkeitsbewertung unterzogen. Untersucht wurden unter anderem deren Einfluss auf die Umwelt, die Risiken für uns Menschen und die Kosten. Dabei schnitten die Adsorptionswärmepumpen besser ab als bereits etablierte Heizsysteme wie Gas- und Holzpelletheizungen oder konventionelle Kompressionswärmepumpen.
  • Würden solche Anlagen in der Schweiz in bestimmten, im Projekt geprüften Szenarien eingesetzt, würde der Ausstoss von Klimagasen im Vergleich zu einem Energiesystem ohne diese Szenarien um bis zu fünf Prozent sinken.

In Zukunft muss der CO2-Ausstoss der Schweiz sinken, das verlangt die Energiestrategie 2050. Ein Schritt auf dem Weg dies zu erreichen, liegt darin, die Ressource Wärme effizienter zu nutzen. Denn für die Wärme, die wir benötigen, um Gebäude zu heizen, Warmwasser zu produzieren oder in industriellen Prozessen Materialien zu trocknen oder zu schmelzen, wenden wir die Hälfte unseres gesamten Energieverbrauchs auf. Und diese Energie stammt nach wie vor überwiegend aus fossilen Quellen wie Erdöl und Erdgas.

Nun liesse sich Wärmeenergie effizienter nutzen, und zwar indem mehr Abwärme als bisher zurückgewonnen und wiederverwendet würde. Möglich machen das sogenannte Adsorptionswärmepumpen. Ähnlich wie konventionelle Kompressionswärmepumpen können solche Anlagen Wärme auffangen und aufwerten. Dazu benötigen sie im Gegensatz zu den konventionellen Wärmepumpen fast keinen Strom, sondern nutzen die Wärme als Antrieb. Das funktioniert ab einer Eingangstemperatur von 35 bis 60 Grad Celsius. So könnten Adsorptionswärmepumpen beispielsweise Abwärme von Fabriken, Rechenzentren oder erneuerbare Wärmeenergie von thermischen Solaranlagen beziehen. Allerdings fehlten bislang Bewertungen über deren Einfluss auf die Umwelt und deren Wirtschaftlichkeit. Das haben Forschende der Gruppe für Technologie-Assessment des Paul Scherrer Instituts (PSI) nun geändert und eine umfassende Nachhaltigkeitsbewertung erarbeitet.

Sie erstellten zum einen eine Ökobilanz, in welcher sie den gesamten Lebenszyklus einer Adsorptionswärmepumpe analysierten – von der Herstellung über die Nutzung bis zur Entsorgung. Zum anderen führten sie eine detaillierte Kostenrechnung durch. «Mit diesen Bewertungen haben wir eine Entscheidungsgrundlage für die zukünftige Einführung der Anlagen geschaffen», sagt Peter Burgherr, Leiter des Projekts. «So lassen sich die Vor- und Nachteile verschiedener Einsatzstrategien identifizieren. Zudem können wir die Anlagen so mit anderen, bereits etablierten Technologien vergleichen.»

Erster Schritt: der Einfluss einer einzelnen Anlage

Zunächst ermittelten die Forschenden die Umwelteinflüsse einer einzelnen marktreifen Wärmepumpe. Als Grundlage verwendeten sie die technischen Merkmale eines neuen Prototyps, der von Kollegen aus dem Verbundprojekt entwickelt wurde. Den Prototyp extrapolierten die PSI-Forschenden auf eine marktreife Anlage und untersuchten diese danach anhand verschiedener Kriterien: etwa die Emission von Zunächst ermittelten die Forschenden die Umwelteinflüsse einer einzelnen marktreifen Wärmepumpe. Als Grundlage verwendeten sie die technischen Merkmale eines neuen Prototyps, der von Kollegen aus dem Verbundprojekt entwickelt wurde. Den Prototyp extrapolierten die PSI-Forschenden auf eine marktreife Anlage und untersuchten diese danach anhand verschiedener Kriterien: etwa die Emission von CO2, der Energieverbrauch, die Umweltschäden durch den Abbau von Metallen – die Wärmepumpe besteht aus Stahl, Aluminium, Kupfer und Messing – oder den Einfluss auf die menschliche Gesundheit, etwa aufgrund möglicher Unfälle. Es zeigte sich, dass die Umwelteinflüsse gesamthaft sehr klein sind. Beispielsweise entstehen kaum CO2-Emissionen. Am meisten Schäden richtet der Abbau der benötigten Metalle an, gefolgt vom in der gesamten Produktionskette genutzten Strom.

Überschaubar sind auch die Kosten der mit der Adsorptionswärmepumpe produzierten Energie. Sie betragen rund acht Rappen pro Kilowattstunde – vorausgesetzt die genutzte Abwärme ist kostenlos und muss nicht eigens eingekauft werden. Zum Vergleich: Heute bezahlen Konsumenten in der Schweiz je nach Gemeinde zwischen 5 und 27 Rappen pro Kilowattstunde Strom.

In der praktischen Anwendung

Für die Ausweitung ihrer Beurteilung auf Systeme für die Praxis bezog sich das PSI-Forschungsteam auf vier konkrete Anwendungsszenarien, die in einem weiteren, separaten Unterprojekt erarbeitet worden waren:

  1. Die Nutzung von Abwärme aus der Industrie fürs Heizen über Fernwärmeleitungen. Dabei wertet eine zentrale Anlage Abwärme aus Industrieanlagen auf und erzeugt die passende Temperatur fürs Fernwärmenetz.
  2. Die Verteilung von Wärme fürs energieeffizientere Heizen über Fernwärmeleitungen. Hier regulieren direkt an einzelne Gebäude angeschlossene Wärmepumpen die Temperatur aus dem Fernwärmenetz auf eine passende Heiztemperatur, sodass die Wärmeenergie effizient genutzt wird.
  3. Das Anpassen von Holzpelletheizungen. Gekoppelt an eine Holzpelletheizung passt die Anlage die produzierte Wärme an den Bedarf an: Für moderne Bauten mit Bodenheizung senkt sie die Heiztemperatur, für ältere Häuser mit Radiator kann sie die Wärme vermehren. Ein Szenario, dass auch abseits von zentralisierten Fernwärmeleitungen für eine effizientere Nutzung der Wärme sorgt.
  4. Die Kühlung eines Rechencenters. Wie konventionelle Wärmepumpen können Adsorptionswärmepumpen in umgekehrter Arbeitsrichtung auch kühlen – jeweils mit der eigenen Abwärme, sodass dafür keine zusätzliche Energie benötigt wird.

Für jedes dieser Szenarien ermittelten die PSI-Forschenden nun die Grösse und Leistung der entsprechenden Anlagen. Anschliessend rechneten sie die zuvor bestimmten Einflüsse auf diese Leistung hoch. Ergebnis: Was die Umwelteinflüsse angeht, schneiden die Szenarien 3 und 4 etwas schlechter ab als die ersten beiden Szenarien. In Szenario 3 ist die Holzpelletheizung verantwortlich für einen deutlich erhöhten Verbrauch an nicht erneuerbaren Energien und für einen höheren CO2-Ausstoss. In Szenario 4 verursacht der grössere Stromverbrauch etwas höhere Umweltschäden als in den Szenarien 1 und 2.

Die Grafik zeigt die Umwelteinflüsse der Adsorptionswärmepumpen in den vier betrachteten Szenarien: Vor allem die ersten beiden Szenarien sind extrem umweltfreundlich, da die Wärmepumpe an ein bestehendes Fernwärmenetz angebunden wird.
Die Grafik zeigt die Umwelteinflüsse der Adsorptionswärmepumpen in den vier betrachteten Szenarien: Vor allem die ersten beiden Szenarien sind extrem umweltfreundlich, da die Wärmepumpe an ein bestehendes Fernwärmenetz angebunden wird. Burgherr et al. 2018

Beste Alternative

Gesamthaft aber schneiden die Adsorptionswärmepumpen mit Abstand besser ab als andere, etablierte Heizsysteme wie Erdgas- und Holzpelletheizungen oder konventionelle Wärmepumpen, die Wärme aus dem Erdreich ziehen. Dies zeigte eine umfassende Vergleichsanalyse, bei der jeweils die Umwelteinflüsse und die Kosten der Systeme, aber auch soziale Einflüsse miteinbezogen wurden, beispielsweise wie gut die Bevölkerung die Technologien akzeptiert.

In diesem Vergleich sind die Adsorptionswärmepumpen in allen Belangen weitaus am vorteilhaftesten – vor allem wenn es darum geht, wie in Szenario 1 Wärme von grossen Anlagen wie Fabriken für das Fernwärmenetz abzuschöpfen. Aber auch bei kleineren, dezentralen Systemen, etwa einer Heizung für ein Mehrfamilienhaus ähnlich wie Szenario 3, schnitt die Adsorptionswärmepumpe in allen Kriterien gleich gut oder besser ab als alle vergleichbaren Heizanlagen.

Schliesslich berechneten die Forschenden, wie sich die Schweizer Energielandschaft mit der Verbreitung von Adsorptionswärmepumpen ändern würde. Die Berechnungen offenbaren ein wesentliches Potenzial: Würden in der Schweiz schon nur die vier im Projekt betrachteten Szenarien bis 2050 umgesetzt, würden die CO2-Emissionen um rund fünf Prozent sinken – das entspricht je nach Energielandschaft 500'000 bis 800'000 Tonnen CO2, die nicht in die Atmosphäre ausgestossen würden.

Kontakt und Team

Dr. Peter Burgherr

Paul Scherrer Institut
Forschungsstrasse 111
5232 Villigen PSI

+41 (0)56 310 26 49
peter.burgherr@psi.ch

Peter Burgherr

Projektleiter

Warren Schenler

Karin Treyer

Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 17.12.2018 ab.