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Das Beste aus beiden Welten: Die Kombination aus Gebäudehülle und Energiequelle

Viele Jahre wurde der gebäudeintegrierten Photovoltaik (GiPV) ein Marktboom vorausgesagt – geschehen ist jedoch wenig. Nach wie vor dominieren separate Solarmodule auf den Dächern den Markt. Was der GiPV zum definitiven Durchbruch verhelfen kann, untersucht das Verbundprojekt «Active Interfaces».

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «Gebäude-integrierte Photovoltaik».
Direkt in die Gebäudehülle integrierte Photovoltaik-Module erschliessen eine riesige Fläche für die Stromerzeugung.
Direkt in die Gebäudehülle integrierte Photovoltaik-Module erschliessen eine riesige Fläche für die Stromerzeugung. activeinterfaces.ch
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • Das Ausrüsten von Dächern auf Neubauten mit Photovoltaikmodulen alleine wird nicht genügen, um das ambitionierte Ziel der Energiestrategie 2050 zu erreichen.
  • Auch die Dächer und Fassaden bestehender Gebäude müssen genutzt werden, um aus Sonnenlicht Energie zu erzeugen.
  • Diesen Ansatz untersucht das Verbundprojekt «Active Interfaces».

Die Energiestrategie des Bundes sieht vor, dass bis ins Jahr 2050 zwanzig Prozent des Schweizer Strombedarfs durch Photovoltaik gedeckt werden soll. Dieses Ziel ist ambitioniert angesichts des heute geringen Anteils an Solarstrom: Von 1990 bis 2016 wuchs der Anteil von quasi Null auf lediglich auf 2.2 Prozent an. Wie ist es zu schaffen, bis 2050 zwanzig Prozent Energie aus Photovoltaik zu generieren?

Mit dieser Frage beschäftigt sich das Verbundprojekt «Active Interfaces». Es fundiert auf der Erkenntnis, dass das Ausrüsten von Dächern auf Neubauten mit Photovoltaikmodulen alleine nicht genügen wird, um das ambitionierte Ziel der Energiestrategie 2050 zu erreichen. Auch die Dächer und Fassaden bestehender Gebäude müssen genutzt werden, um aus Sonnenlicht Energie zu erzeugen.

Ganzheitlicher Ansatz

Daher hat sich «Active Interfaces» zum Ziel gesetzt, in die Gebäudehülle integrierte Photovoltaik-Module zu untersuchen, beispielsweise in Form von Dachziegeln oder Fassadenelementen. Mit der Kombination von Aussenhülle und Stromerzeugung werden zwei Erfordernisse der Energiewende gleichzeitig erreicht: Das Einsparen von Energie durch energetisch isolierende Materialien für die Gebäudehülle, und das Erzeugen von Energie durch Photovoltaik.

So einleuchtend der Ansatz klingt, die neuartigen Bauelemente stellen durch ihre Doppelfunktion sowohl Entwickler wie auch Architekten, Gesetzgeber und Hausbesitzer vor eine Reihe von Herausforderungen. Das Projekt «Active Interfaces» verfolgt daher einen ganzheitlichen Ansatz. Denn es reicht nicht, Dachziegel zu entwickeln, die zwar Solarstrom produzieren können, aber die ästhetischen Ansprüche eines Architekten oder einer Architektin nicht erfüllen. Die Teilprojekte im Verbund untersuchen insgesamt fünf Fragestellungen:

  • Technologie: Welche technologischen Hürden müssen gemeistert werden, damit die Gebäudeintegrierte Photovoltaik (GiPV) gelingt?
  • Design: Welche architektonischen Designstrategien ermöglichen den Einsatz von GiPV in urbanen Renovationsprojekten?
  • Sozioökonomie: Welche Anforderungen stellen Konsumenten und Investoren an GiPV?
  • Assessment: Wie können Standards, Zertifizierungsprozesse für GiPV durch die Gesetzgeber vereinfacht werden?
  • Verbreitung: Welche Plattformen (Webseite, Konferenzen, Workshops) braucht es, um die Akzeptanz und Verbreitung von BIPV zu fördern?

Konkrete Renovationsprojekte

Um zu praxisrelevanten Erkenntnissen zu kommen, testet «Active Interfaces» seine Ansätze mit ganz konkreten Renovationsprojekten. Dies ist mehreren Teilprojekten gelungen, beispielsweise in einer Studie in Neuchâtel. Dort zeigten Forschende der EPFL, dass sich GiPV bei der Renovation von Fassaden unterschiedlich alter Häuser einsetzen lässt.

Das Verbundprojekt liefert in verschiedenen Bereichen wichtige Erkenntnisse für den zukünftigen Einsatz von GiPV:

  • Gebäude: Die Kombination von Gebäudehülle und Stromerzeugung senkt den Verbrauch fossiler Energien sowie den Ausstoss von Treibhausgasen. Gleichzeitig sparen Hausbesitzer Material und Stromkosten.
  • Finanzielle Attraktivität: Auch wenn die Anfangsinvestitionen in Sanierungsprojekte mit GiPV höher sind als die Kosten für eine herkömmliche Sanierung, lohnt sich der Aufwand langfristig. Die Amortisationszeit ist kürzer als die erwartete Nutzungsdauer einer GiPV.
  • Marktkonditionen und Regulierung: Im Jahr 2014 haben sich die Kantone auf neue Standards der Energiegesetzgebung in Gebäuden geeinigt (Es handelt sich um die vierte Revision der Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich MuKEn). Nur wenn die MuKEn von den Kantonen sinnvoll implementiert wird, könnte das die Verbreitung von GiPV signifikant verbessern.
  • Akzeptanz: Eine Umfrage zeigt, dass Hausbesitzer GiPV gegenüber positiv eingestellt sind. Von 500 befragten Hausbesitzern scheuten sich 85 Prozent nicht vor den höheren Anfangskosten angesichts der langfristigen Vorteile.
  • Reduktion der Komplexität: Es braucht einfachere Lösungen, um die GiPV attraktiver für Hausbesitzer und Investoren zu machen. Erst wenn Anbieter zum Beispiel «schlüsselfertige» Solardächer in Renovationsprojekten anbieten, wird die Technologie eine grössere Verbreitung finden.

Bei all den positiven Erkenntnissen: Es gibt noch viel Arbeit für alle Stakeholder. Gesetzgeber, Architektinnen und Architekten, Hausbesitzer und Technologieanbieter müssen Hand in Hand zusammenarbeiten, um das neue Feld der GiPV rasch zu erobern.

Alle Informationen zum Verbundprojekt finden sich auf www.activeinterfaces.ch.

Kontakt und Team

Emmanuel Rey

Associate Professor, Laboratory of Architecture and Sustainable Technologies
EPFL ENAC IA LAST
BP 2228 (Bâtiment BP)
Station 16
CH-1015 Lausanne

+41 21 693 08 81
emmanuel.rey@epfl.ch

Emmanuel Rey

Sophie Lufkin

Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 10.05.2019 ab.