Blendeffekte vermeiden
Aber es geht nicht nur um Optik. Wände, die mit herkömmlichen PV-Module zugepflastert sind, haben noch ein anderes Problem: Sie blenden. Auch darum finden sie bei Anwohnern und Bauherren eher wenig Akzeptanz. Hierfür entwickelten die Forschenden des Projektes ebenfalls eine Computer-Simulation: Sie erstellten ein 3D-Modell der Umgebung einer Kirche in Luzern, und berechneten, wie diese Umgebung durch Blendeffekte beeinträchtigt würde, wenn auf den grossen Dächern eine Solaranlage angebracht würde. Anhand von Wetterdaten und Messungen der Reflexionseigenschaften verschiedener Glastypen, die in PV-Modulen gebraucht werden, simulierten Wittkopf und sein Team wie sich Sonnenstrahlen im Verlauf eines Jahres an der Photovoltaik-Fassade brechen würden und wo sie störende Reflexionen erzeugen würden. Auch dieses Modell soll helfen, zu entscheiden, ob und wie Solarzellen in bestehende Gebäude integriert werden können.
Will man PV-Module für Fassaden von Neubauten wie das Solaris-Haus nutzen, so macht das die Häuser nicht automatisch «grün». Denn erst einmal kostet es Energie ein Bauwerk hochzuziehen. Um diese wieder reinzuholen, geht bei PV-Modulen eine bestimmte Zeitspanne ihrer 30-jährigen Lebensdauer drauf. Wie gross diese Zeitspanne ist, haben die Forschenden in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) berechnet: 8 Jahre, wenn die bunten PV-Module auf einer Süd-Fassade angebracht sind. Wenn die PV-Module existierende Fassadenelemente ersetzten, dann sind es nur fünf Jahre. Das heisst im besten Fall erwirtschaften, die farbigen Photovoltaikanlagen über 25 Jahre ein Energieüberschuss.
Die bunten PV-Module haben schon das höchste «Technology Readiness Level» erreicht, das heisst, sie könnten bald in grossen industriellen Mass eingeführt werden und am Markt bestehen. Ob das funktioniert, hängt allerdings auch von den politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen ab. Diese haben die Forschenden im Rahmen ihres Projektes ebenfalls untersucht. Sie kommen zu dem Schluss, dass die «Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich» die Anwendung von Gebäude-integrierten Photovoltaikanlagen grundsätzlich fördern. Zudem wird deren Anwendung an Fassaden durch Labels wie «Minergie-A» und «Plusenergy» unterstützt. Allerdings sind diese Standards freiwillig und können daher nicht wirklich beeinflussen – so bewerten es die Forschenden – ob PV-Module an Fassaden tatsächlich vermehrt zum Einsatz kommen, so wie es nötig wäre, um die Ziele der Energiestrategie 2050 zu erreichen.