Meiner Merkliste hinzufügen
Als PDF downloaden

Druckluftspeicherkraftwerks sind effiziente Alternativen für die Stromspeicherung

Strom aus erneuerbaren Energiequellen lässt sich in Form verdichteter Luft speichern. Ein solches Druckluftspeicherkraftwerk simulierten Forschende der Tessiner Fachhochschule SUPSI im Computermodell und berechneten Effizienz, Kosten und bestmöglichen Aufbau. Die Resultate sind ein wichtiger Schritt, um solche Anlagen in der Schweiz zu realisieren.

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «Arbeitszyklen von Druckluftspeichern». Dieses Projekt ist Teil des Verbundprojektes «Stromspeicherung über adiabatische Luftkompression».
Ein Druckluftspeicher in den Alpen: Hier wird die Speicherung von Strom aus erneuerbaren Quellen erprobt.
Ein Druckluftspeicher in den Alpen: Hier wird die Speicherung von Strom aus erneuerbaren Quellen erprobt. ALACAES
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • Weil das Angebot an Strom aus erneuerbaren Quellen je nach Wetter und Jahreszeit schwankt, sind unbedingt Technologien zu dessen Speicherung nötig.
  • Die Kapazität der Pumpspeicherkraftwerke, die derzeit in der Schweiz Strom speichern, wird nicht ausreichen.
  • Eine Ergänzung zu Pumpspeicherkraftwerken sind Druckluftspeicher mit Wärmerückgewinnung, wie dieses Projekt zeigt. Sie haben gegenwärtig eine theoretische Effizienz von 75 Prozent.

Im Jahr 2050 sollen 20 Prozent des Strombedarfs in der Schweiz aus Solarenergie stammen. Doch Solarstrom steht, je nach Wetter und Jahreszeit, mal mehr, mal weniger zur Verfügung. Deswegen ist es wichtig, Strom effizient und mit grosser Kapazität speichern zu können. Dazu stehen in der Schweiz hauptsächlich Pumpspeicherwerke zur Verfügung. Doch deren Speicherkapazität wird nicht ausreichen, wenn immer mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Ausserdem sind mit den für neue Pumpspeicherwerke notwenigen Speicherseen beträchtliche Eingriffe in Natur und Umwelt verbunden.

Eine Alternative könnte die Stromspeicherung in sogenannten Druckluftspeichern bieten. Hier treibt der temporär überschüssige Strom Kompressoren an, die Luft verdichten und in einen verschlossenen Hohlraum im Fels pressen. Diese Druckluft kann bei späterem Bedarf dann Turbinen antreiben und so wieder Strom erzeugen.

Verdichtungswärme speichern

Wenn die Luft bei der Beladung eines solchen Speichers zusammengepresst wird, entsteht so genannte Verdichtungswärme. Diese bliebt bei den heute schon bestehenden Druckluftspeichern in Huntorf (D) und McIntosh (USA) ungenutzt. Zudem muss die Luft in diesen Anlagen während der Entladung wieder erwärmt werden, da sie sich bei der Expansion abkühlt und die Turbinen vereisen würde. Effizienter wäre es, auch die Verdichtungswärme zu speichern und damit später die Druckluft zu erwärmen, bevor sie die Turbinen antreibt.

Wie genau ein Druckluftspeicherkraftwerk mit solch einem zusätzlichem Wärmespeicher aufgebaut sein könnte und wie effizient es wäre, hat ein Projektteam um Maurizio Barbato von der «Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana» untersucht. Mit Hilfe der «Technology Assessment Group» des Paul Scherrer Instituts haben die Forschenden ausserdem die Kosten eines solchen Kraftwerks berechnet.

Anhand eines Computermodells simulierten die Forschenden ein Druckluftspeicherkraftwerk, mit all seinen Komponenten: Kompressoren, Kaverne für die Druckluft, Düsen zum Druckausgleich, Wärmespeicher und Turbinen. Die Eigenschaften dieser Komponenten, etwa die Kapazität der Speicher oder die Leistung der Turbinen legten die Forschenden genau fest und verglichen zwei verschiedene Aufbaupläne miteinander.

Verschiedene Aufbaupläne

Ein erster Aufbauplan sah nur einen einzigen Wärmespeicher in einer speziellen Druckkammer vor. Diese Auslegung hat ein Problem, wie die Computersimulation zeigte: Während der Entladung des Druckluftspeichers muss der Druckunterschied zwischen Kaverne und Wärmespeicher über eine Düse ausgeglichen werden. Das dauert mehrere Stunden, machte die Anlage also ineffizient. Daher entschieden sich die Wissenschaftler für ihre weiteren Analysen für einen zweiten Aufbauplan. Dieser enthielt zwei Wärmespeicher, von denen sich einer innerhalb der Kaverne befand. Die Analyse zeigte, dass bei dieser Konfiguration keine Wartezeit für den Druckausgleich nötig ist, und dass Temperatur und Druck im Wärmespeicher während der Lade- und Entladezyklen weniger stark schwanken. Das ist für den Betrieb der Anlage von Vorteil.

Welcher Aufbauplan eines Druckluftspeicherkraftwerks effizienter ist, haben Forschende im Computermodel untersucht: Mit einem (links) oder zwei (rechts) Wärmespeichern.
Welcher Aufbauplan eines Druckluftspeicherkraftwerks effizienter ist, haben Forschende im Computermodel untersucht: Mit einem (links) oder zwei (rechts) Wärmespeichern. Wissenschaftlicher Abschlussbericht

Anhand dieses zweiten Aufbauplans analysierten Barbato und sein Team dann, wie sich die Anlage im Verlauf eines langfristigen Betriebs verhalten würde. Dazu simulierten sie 200 Lade- und Entladezyklen über eine Dauer von 85 Tagen. Ausserdem simulierten die Forschenden Schwankungen im Stromnetz, so wie sie realistischerweise im Verlauf einer Woche vorkommen können. Zudem musste das simulierte Druckluftspeicherkraftwerk den gespeicherten Strom mit einer Leistung von 100 Megawatt zurückführen. Die Simulation lieferte Zahlenwerte für die Schwankungen von Temperatur und Druck in Wärmespeichern und Kaverne. Diese Werte sind nützlich, um Aufbau und Betrieb eines Druckluftspeicherkraftwerks in Zukunft besser zu planen.

Hohe Effizienz

Ausserdem konnten die Forschenden die Gesamteffizienz einer Pilotanalage eines Druckluftspeichers mit Wärmerückgewinnung, welche im Rahmen des Verbundprojektes in einem Tessiner Bergstollen errichtet wurde, berechnen. Dazu verrechneten sie die Energie, die die Turbinen entliessen und die, die Kompressoren nutzen: Demnach hatte das modellierte Speicherkraftwerk eine Effizienz von 75 Prozent.

Dank ihres detaillierten Modells konnten die Forschenden die Kosten für ein Druckluftspeicherkraftwerk mit einer Laufzeit von 60 Jahren in der Schweiz berechnen. Dazu verrechneten sie den Preis der Energie, die nötig ist, um den Druckluftspeicher zu laden mit der ermittelten Effizienz der Anlage. Hinzu kamen Kosten für Aufbau, Betrieb und Instandhaltung. Die gesamten Systemkosten beliefen sich auf 139 Millionen Schweizer Franken; die Kosten für die Speicherung beliefen sich auf 200 bis 300 CHF pro Kilowattstunde. Die Forschenden wiesen allerdings daraufhin, dass sich in der derzeitigen Marktlage, das Stromspeichern nicht rechnet. Deswegen empfehlen die Forschenden, die Entwicklung der Druckluftspeichertechnologie zu subventionieren. So stünde die Technologie zur Verfügung, wenn erneuerbare Energien dereinst mehr Bedeutung gewinnen und damit auch das Stromspeichern wichtiger und wirtschaftlicher wird.

Kontakt und Team

Prof. Maurizio C. Barbato

Istituto di ingegneria meccanica e tecnologie dei materiali
SUPSI
Galleria 2
Via Cantonale, 6928 Manno

+4158 666 66 39
maurizio.barbato@supsi.ch

Maurizio C. Barbato

Projektleiter

Jonathan Roncolato

Filippo Contestabile

Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 10.05.2019 ab.