Mehr als die Hälfte des Schweizer Stroms stammt aus Wasserkraft, und im Rahmen der Energiestrategie soll dieser Anteil bis ins Jahr 2050 sogar noch steigen. Doch jede Talsperre ist ein massiver Eingriff in die Umwelt mit Auswirkungen bis weit flussabwärts. Denn vielerorts leiten die Stromerzeuger das Wasser bei der Talsperre in Druckstollen und lassen es erst einige Kilometer weiter unten wieder in den Fluss strömen. In den sogenannten Restwasserstrecken fliesst deswegen nur noch die gesetzlich geforderte Wassermenge. Während es früher bei Starkregen immerhin noch gelegentlich zu hohen Abflüssen und damit zum Durchspülen und Umlagern des Flussbetts kam, sind solche Hochwasser heute äusserst selten, weil die Elektrizitätsunternehmen dank präziser Abfluss- und Wetterprognosen besser planen können und nur noch selten die Schleusen öffnen müssen.
So auch bei der Staumauer Rossens im Kanton Freiburg, welche die Saane zum Greyerzersee aufstaut. Unterhalb der Staumauer fliessen noch 2,5 (im Winter) bis 3,5 (im Sommer) Kubikmeter Wasser pro Sekunde ab – vor dem Bau der Staumauer war es ein Mehrfaches davon. Deshalb spriessen im Auengebiet nun Bäume und Sträucher auf den Kiesbänken, im seichten Wasser wachsen Algen und im Flussbett fehlt das Geschiebe, weil die Staumauer dieses zurückhält. Die Folge: das Auengebiet von nationaler Bedeutung droht stark zu verarmen oder sogar zu verschwinden.
Abhilfe schaffen können künstliche Hochwasser: Dabei öffnet der Betreiber die Schleusen und lässt die Wassermassen durch das Tal strömen – so viel wie bei einem natürlichen Hochwasser zu erwarten wäre. Denn das Flussökosystem benötigt immer wieder Überflutungen. Doch bislang gab es kaum Erfahrungen mit solchen menschgemachten Hochwassern in Auengebieten. Das Forschungsprojekt des Laboratoire de Constructions Hydrauliques (LCH) der ETH Lausanne (EPFL), der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), der Eawag, und den Remote Sensing Laboratories (RSL) der Universität Zürich (UZH) untersuchte deshalb den Zustand der Saane vor einem geplanten Hochwasser und verglich die Messungen – zwei Tage und zwei Monate nach dem Ereignis. Damit wollten die Forschenden Werkzeuge entwickeln, um die Wirkung eines künstlichen Hochwassers als Renaturierungsmassnahme in Auengebieten zu überprüfen und den Effekt vorhersagen zu können.