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Wie können Pumpspeicherkraftwerke rentabel bleiben?

Wasserkraft ist zwar ein wichtiger Pfeiler der Energiestrategie 2050, doch der Klimawandel, neue Technologien für die Stromspeicherung und die langen Investitionshorizonte haben das einst lukrative Geschäft schwierig gemacht. Wie kann die Wasserkraft trotz zunehmenden Unsicherheiten wirtschaftlich bleiben?

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «Investitionen in Wasserkraft». Dieses Projekt ist Teil des Verbundprojektes «Die Zukunft der Schweizer Wasserkraft».
Die Staumauer Contra im Val Verzasca im Kanton Tessin.
Die Staumauer Contra im Val Verzasca im Kanton Tessin. Wikimedia Commons
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • Neue erneuerbare Energien und Stromspeichermöglichkeiten erschweren die wirtschaftliche Stromproduktion mit Wasserkraft, denn diese ist mit grossen und langfristigen Investitionen verbunden.
  • Da Windparks und Solaranlagen schrittweise ausgebaut werden können und die Lauffristen kürzer sind, ermöglicht dies flexiblere Investitionsentscheidungen als bei der Wasserkraft.
  • Dennoch bleibt die Wasserkraft wichtig, denn sie kann die unstete Produktion der Erneuerbaren ausgleichen und Strom durch Hochpumpen speichern.
  • Damit Stromerzeuger diese Leistungen auch künftig wirtschaftlich erbringen können, müssen Wasserkraftprojekte flexibler geplant werden – etwa mit modularen Ausbauschritten.

Wasserkraft ist zentral für die Umsetzung der Energiestrategie 2050, denn sie produziert emissionsfrei und flexibel Strom. Darüber hinaus kann sie überschüssige Energie von anderen Stromquellen wie Photovoltaik oder auch Kernkraftwerken speichern und zu Zeiten mit hohem Bedarf wieder abgeben – das ist das Prinzip der Pumpspeicherkraftwerke. Über lange Jahre war dies ein lukratives Geschäftsmodell. Doch die Grosshandelspreise für Strom zu Spitzenzeiten sind gefallen. Kommt dazu, dass zunehmend auch grosse Batterien oder andere Technologien als Speicher im Stromnetz genutzt werden können. Und neue erneuerbare Energien können relativ flexibel und mit verhältnismässig geringen Investitionen erstellt werden. Anders bei der Wasserkraft: Staumauern, Druckstollen und Turbinenhäuser kosten viel und haben lange Lebenszeiten und Amortisationsfristen. Auch die für Wasserkraftwerke nötigen Wasserrechtkonzessionen haben jahrzehntelange Lauffristen, was zur unflexiblen Planung beiträgt. Und die durch den Klimawandel veränderten Abflussmengen bringen eine zusätzliche Unsicherheit in die Entscheidungen.

Wie also können Pumpspeicher-Wasserkraftwerke weiterhin wirtschaftlich betrieben werden? Dieser Frage sind Wissenschaftler in diesem Forschungsprojekt nachgegangen.

Start small, think big

Dazu haben die Forschenden mathematische Modelle für den Erlös von Pumpspeicherwerken sowie erneuerbarer Energie erstellt. Die Berechnungen zeigen: Mit den derzeitigen unsicheren Bedingungen auf dem Strommarkt sind Investitionen in neue Erneuerbare lohnender als in Pumpspeicherwerke. Denn Erstere haben eine Amortisationszeit von 20 bis 27 Jahren, Letztere dagegen bis zu 80 Jahre. Pumpspeicherkraftwerke müssen den Entscheidungsträgern also flexiblere Möglichkeiten bieten. Laut den Forschenden ist ein Weg dazu der «Start small, think big»-Ansatz: Bereits in der Planungsphase – sei es bei einer Nachrüstung oder einem Neubau – sollten spätere Ausbauschritte eingeplant werden. Das Turbinenhaus und der Druckstollen sollten so dimensioniert werden, dass zu einem späteren Zeitpunkt weitere Turbinen integriert werden können; das Fundament der Staumauer so, dass es eine spätere Erhöhung tragen kann.

Die Simulationen zeigen, dass mit solchen optionalen Ausbauschritten ein zunächst unprofitables Projekt in ein gewinnträchtiges verwandelt werden kann.

Klimawandel und Wasserrechte

Auch der Klimawandel hat einen Einfluss auf das Geschäft der Wasserkraftwerke. Das Abflussmuster der Flüsse ändert sich im Jahresverlauf: Im Herbst fällt Niederschlag vermehrt als Regen anstatt als Schnee und fliesst somit direkt ab. Und wo Gletscher abgeschmolzen sind, fehlt deren Wasser im Sommer. Anhand von drei Staudämmen haben die Forschenden die Auswirkungen dieser Änderungen durchgerechnet. Sie stellten fest, dass die geringeren Abflussmengen finanziell kompensiert werden können, wenn das Wasser in einem genügend grossen Stausee gespeichert werden kann und so in eine niederschlagsarme Jahreszeit transferiert werden kann. Mit geschickter Planung lässt sich die Unsicherheit durch das Klima also managen.

Ein weiterer Faktor, der die Planung von Wasserkraftwerken unflexibel macht, sind die Konzessionen für die Wasserrechte. Denn viele dieser Konzessionen, die Wasserkraftbetreiber für ihre Werke benötigen, haben Lauffristen von 80 bis 100 Jahren. Die Forschenden sehen hier aber auch eine Chance, denn zahlreiche Konzessionen laufen in den nächsten Jahren aus und müssen erneuert werden. Bei diesen Erneuerungen gehe es darum, flexiblere Lösungen als bis anhin zu finden, die die Marktöffnung berücksichtigen, fordern die Wissenschaftler. Die Politik sollte deshalb die Konzessionsvergabe von Grund auf neu überdenken.

Neue Rahmenbedingungen

Doch dies ist nicht der einzige Bereich, in dem die Politik aktiv werden sollte: Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sollten skalierbare Wasserkraft und Pumpspeicherwerke nicht nur ermöglichen, sondern auch priorisieren.

Die Wissenschaftler können sich auch vorstellen, dass ein schrittweiser Ausbau die Akzeptanz in der Bevölkerung vergrössert. Das ist nötig, da die Wasserkraft und ihre Speichermöglichkeiten für die Umsetzung der Energiestrategie 2050 essentiell sind. Dies weil sie den unregelmässig anfallenden Solar- und Windstrom ausgleichen kann und die benötigte Kapazität zu Spitzenzeiten bereitstellen kann. Nötig ist deshalb, dass neue Technologien zur Stromerzeugung und zur Stromspeicherung nicht in Konkurrenz zur Wasserkraft stehen, sondern diese ergänzen. Das ist im gegenwärtigen Marktumfeld schwierig, flexiblere Planungsmöglichkeiten sind deshalb entscheidend.

Produkte aus diesem Projekt

Kontakt und Team

Franco Romerio

Institut des Sciences de l'Environnement
Université de Genève
24 rue du Général-Dufour
1211 Genève 4

+41 (0)22 379 71 11
franco.romerio@unige.ch

Franco Romerio

Projektleiter

Ludovic Gaudard

Werner Hediger

Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 10.05.2019 ab.