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Beton mit weniger Zement – umweltfreundlich und günstig

Kein Material wird weltweit so viel hergestellt wie Beton. Dies ist energieintensiv und verursacht CO2. Eine neue Art von Beton mit weniger Zement ist umweltfreundlicher.

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «Klinkerarmer Zement». Dieses Projekt ist Teil des Verbundprojektes «Energiearmer Beton».
Textur aus Fertigbeton-Zementmörtel
Textur aus Fertigbeton-Zementmörtel iStock
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • Beton ist in der Herstellung energieintensiv und verursacht CO2.
  • Wissenschaftler der ETH Zürich und EPF Lausanne haben deshalb einen energiearmen Beton entwickelt.
  • Der energiearme Beton karbonatisiert zwar schneller als herkömmlicher Beton – Experimente zeigen aber, dass dadurch die im Beton eingelagerten Stahlteile unter normalen Umweltbedingungen nicht stärker korrodieren.

Beton ist das meistproduzierte Material der Welt. Es besteht aus Sand, Kiesel und Zement. Letzterer ist in der Herstellung enorm energieintensiv: Zwei bis drei Prozent des weltweiten Energiebedarfs gehen auf Kosten der Zementproduktion. Zudem entweichen dabei auch Schadstoffe, und fünf bis acht Prozent des menschgemachten CO2 stammen aus der Zementindustrie. Dieser Anteil könnte bis 2050 sogar auf 25 Prozent ansteigen.

Deshalb könnte eine Massnahme zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 sein, den Gehalt von Zement im Beton zu senken.

Das neue Rezept

Forschende der ETH Zürich in Zusammenarbeit mit LafargeHolcim haben eine neue Betonmischung entwickelt, die nur halb so viel Zement enthält wie traditionelle Mischungen. Stattdessen werden dem Gemisch lokal erhältliche Ersatzprodukte wie Gebrannter Ölschiefer oder Kalkstein beigemengt. Die Produktion dieses neuen Betons ist weniger energieintensiv. Es liesse sich mit der neuen Mischung in der Schweiz jährlich ein bis zwei Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Das entspricht zwei Prozent der jährlichen Kohlenstoff-Emissionen unseres Landes.

Die Herausforderung bei der neuen Rezeptur bestand darin, dass zementarmer Beton über eine geringere mechanische Festigkeit verfügt – vor allem in den ersten Stunden und Tagen nach dem Guss. Um die Festigkeit zu verbessern, fügten die Forschenden dem Beton Zusatzmittel hinzu. Die erhöhte die Druckfestigkeit um bis zu 120 Prozent in den ersten 90 Tagen.

Das neue Rezept wurde zusammen mit Industriepartnern im österreichischen Bludenz getestet. Die Forschenden produzierten die Betonwand einer Garage aus dem neuen Material.

Karbonatisierung messen

Der neue Beton ist also umweltfreundlich. Doch muss er auch beständig sein. Um dies zu testen, hat das Team der EPFL die Karbonatisierung des neuen Betons untersucht. Damit wird im Bauwesen eine chemische Reaktion bezeichnet, die im Beton bei Anwesenheit von Kohlendioxid und Feuchtigkeit abläuft. Dadurch verändert sich der pH-Wert des Betons und die darin aus Gründen der Statik eingelagerten Stahlelemente werden anfällig für Rost.

Um die Karbonatisierung zu messen, haben die Wissenschaftler Methoden entwickelt, die den chemischen Prozess im Beton künstlich herbeiführen, ohne den Prozess an sich zu verändern. Sie simulierten also die natürliche Karbonatisierung. Die Simulation zeigte, welche Faktoren den Prozess beeinflussen. Neben der Feuchtigkeit sind das die Porosität des Betons und dessen Zusammensetzung. Dabei zeigte sich, dass der gebrannte Ölschiefer und der Kalkstein, die den traditionellen Zement teilweise ersetzten, eine positive Wirkung hatten: Sie hemmten die Karbonatisierung.

Generell lassen die Resultate darauf schliessen, dass der Effekt der Karbonatisierung auf die Struktur des Betons kleiner ist, als bisher angenommen wurde. Denn seine Struktur verändert sich offensichtlich auch, wenn er austrocknet.

Korrosion hängt von Feuchtigkeit ab

Ist der Beton karbonatisiert, wird der darin eingebettete Bewehrungsstahl anfällig auf Korrosion. Doch unter welchen Bedingungen bildet sich wirklich Rost? Und wie schnell schreitet der Zerfall des Stahls fort? Um dies herauszufinden, haben die Forschenden der ETH in einem Experiment die Korrosionsraten unter verschiedenen Umweltbedingungen getestet. Überraschenderweise bestätigen die Resultate bisherige Mechanismen zur Korrosionsbildung nicht. Daraus schliessen die Forschenden, dass gängige Methoden zur Kontrolle des Betons wie die Kathodenkontrolle oder die Messung des elektrischen Widerstandes nicht genügend zuverlässig sind. Stattdessen konnten sie einen direkten Zusammenhang zwischen der Feuchtigkeit und Porosität im Beton und der Korrosionsrate herstellen. Aufgrund dieser Erkenntnisse entwickelten die Forschenden eine neue Methode zur Berechnung der Korrosionsgeschwindigkeit. In dieser Methode sind die Porosität des Betons und die vorhandene Feuchtigkeit in der Umwelt die entscheidenden Faktoren.

So kamen die Forschenden zu dem Schluss, dass der neue, zementarme Beton unter normalen Umweltbedingungen nicht anfälliger auf Korrosion ist – selbst wenn er schneller karbonisiert als herkömmlicher Beton.

Kostengünstig und genau

Sowohl der neu entwickelte Beton als auch die neuen Messmethoden für Karbonatisierung und Korrosion sind kostengünstig und leicht umsetzbar. Die neue Kontrollmethode sei zudem zuverlässiger als alte und spiegle den Zustand des Betons genauer wider, schreiben die Forschenden. Es sei nun an den Markführern, die Zementproduktion Schritt für Schritt umzustellen. Die tieferen Produktionskosten könnten diesen Prozess beschleunigen.

Produkte aus diesem Projekt

Kontakt und Team

Prof. Dr. Robert J. Flatt

Institut für Baustoffe (IfB)
ETH Zürich
HIF E 11
Stefano-Franscini-Platz 3
8093 Zürich

+41 44 633 28 90
flattr@ethz.ch

Robert J. Flatt

Karen Scrivener

Bernhard Elsener

Ueli Angst

Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 17.12.2018 ab.