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In Bergstollen kann man Strom speichern – mittels einer Druckluftbatterie

Um den Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu speichern, haben Forschende der ETH, der EPFL, des SUPSI, des Paul Scherrer Instituts und der Firma ALACAES in einem Verbundprojekt einen neuartigen Druckluftspeicher in den Alpen getestet. Die Anlage ist umweltschonend. Aber ob sich solche Speicher auch rechnen, ist noch unklar.

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «Stromspeicherung über adiabatische Luftkompression».
Das Innere eines Druckluftspeichers – hier wird komprimierte Luft im Berg gespeichert.
Das Innere eines Druckluftspeichers – hier wird komprimierte Luft im Berg gespeichert. ALACAES
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • Druckluftspeicher nutzten Strom aus erneuerbaren Quellen, um Luft zusammenzupressen – das speichert die Energie.
  • In einem alten Bergstollen in den Tessiner Alpen hat eine Forschergruppe eine Pilotanalage erfolgreich getestet.
  • Weil diese durch einen zusätzlichen Wärmespeicher besonders effizient und ausserdem umweltschonend ist, stellt sie eine mögliche Speicherlösung der Zukunft dar.

An Sommertagen gibt es Zuviel, in der Nacht zu wenig: Strom aus Solarenergie. Auch Windkraftanlagen sind nicht sehr zuverlässig: Mal weht der Wind, mal herrscht Flaute. Damit der Strom aus solchen erneuerbaren Energiequellen auch an windstillen, dunklen Wintertage zur Verfügung steht, muss er gespeichert werden. Eine solche neuartige Speicherlösung haben Wissenschaftler der Professur für Erneuerbare Energieträger der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich im Rahmen eines Verbundprojekts erforscht.

In den Tessiner Alpen haben Forschende der ETH, der EPFL, des SUPSI und des Paul Scherrer Instituts zusammen mit dem Unternehmen ALACAES unter der Leitung von Andreas Haselbacher eine Druckluftspeicheranlage in einem alten Stollen erprobt. Das Prinzip: Wenn mehr Strom aus erneuerbaren Quellen anfällt als gebraucht wird, dann wird er dazu genutzt, um Luft zu komprimieren – diese wird dabei wie beim Aufpumpen eines Fahrradreifens zusammengedrückt. Gibt es später zu wenig Strom, öffnet man sozusagen das Reifenventil – die zusammengedrückte Luft entweicht und treibt dabei eine Turbine an, die Strom erzeugt.

In der Pilotanlage wird die Luft in eine Kaverne mit einer Länge von 120 Metern und einem Durchmesser von 5 Metern gepresst – dieser Hohlraum im Berg ist ein Überbleibsel vom Bau des Gotthard-Basistunnels. Den Hohlraum schliessen zwei fünf Meter dicke Betonpfropfen und Stahltüren ab. Darüber türmen sich 400 Meter Fels. Dass sich hier tatsächlich Druck aufbauen lässt und dabei keine Luft durch den Felsen leckt, haben die Forschenden in diesem Projekt gezeigt.

Pumpspeicherwerke reichen nicht

Eine alternative Möglichkeit, Schwankungen bei Stromproduktion und -verbrauch auszugleichen, sind Pumpspeicherwerke. Hier pumpt der überschüssige Strom Wasser in riesige Speicherseen. Weltweit stellen solche Anlagen 99 Prozent der gesamten Speicherkapazität. Doch die Kapazitäten für weitere Anlagen sind begrenzt: Nicht überall ist Platz für Speicherseen und Umweltverbände wehren sich gegen die Verschandelung der Landschaft, die mit ihnen einhergeht. Druckluftspeicher sind in dieser Hinsicht bedeutend umweltschonender, da sie komplett unterirdisch gebaut werden können.

Allerdings sind bereits bestehende Druckluftspeicher in Deutschland und den USA mit einem Wirkungsgrad von 45 bis 50 Prozent viel ineffizienter als Pumpspeicher, deren Wirkungsgrad rund 75 bis 85 Prozent beträgt. Die niedrigeren Wirkungsgrade der bestehenden Druckluftspeicher entstehen durch das Abscheiden der Wärme, die beim Komprimieren der Luft entsteht. Diese Wärme muss man der Luft vor den Turbinen wieder zuführen, denn sonst würden sie vereisen. Dafür braucht es Energie und die stammt aus der Verbrennung von fossilen Brennstoffen – die bestehenden Druckluftspeicher sind also nicht nur ineffizient, sondern auch nicht umweltschonend.

Deswegen haben die Forschenden den Druckluftspeicher in der Pilot-Anlage im Tessin mit einem Wärmespeicher kombiniert. Ein Teil dieses Wärmespeichers ist eine etwa 10 Meter lange und drei Meter hohe Wanne aus Beton, die Steine enthält. Die Steine speichern die bei der Komprimierung der Luft entstandene Wärme. Später – bei der Entladung der Druckluftspeichers – strömt die komprimierte Luft aus der Kaverne über die heissen Steine und erwärmt sich wieder. Allerdings ist diese Wärmeabgabe nicht konstant. Die Temperatur der Luft, die die Turbinen antreibt, schwankt über die Zeit und das beeinflusst deren Leistung.

Kombinierter Wärmespeicher sorgt für stabile Turbinenleistung

Die Lösung des Problems wurde in einem Unterprojekt genauer untersucht: ein sogenannter Latentwärmespeicher. Es handelt sich um einen etwa 1 Meter hohen, breiten und tiefen Kasten, welcher der Betonwanne mit den Steinen nachgeschaltet ist. In ihm befinden sich Stahlrohre, die eine spezielle Metalllegierung enthalten. Diese Legierung wird flüssig, wenn die über 550 Grad heisse, komprimierte Luft über die Stahlrohre strömt, und fest, wenn die Luft kälter ist. Der Latentwärmespeicher ist wichtig, weil er dafür sorgt, dass die Luft, die aus dem Wärmespeicher entweicht eine stabile Temperatur hat.

In ihren Pilotversuchen stellten die Wissenschaftler jedoch fest, dass es während dem Betrieb innerhalb der Stahlrohre des latenten Wärmespeichers zu Abnutzungserscheinungen kommt. In einem weiteren Unterprojekt untersuchten Wissenschaftler der EPFL unter der Leitung von Sophia Haussener diese Abnutzungen und entwickelten eine schützende Schicht aus Keramik, die die Stahlrohre auskleidete. Dieser Schutz reduzierte die Abnutzung um 90 Prozent.

Hoher Wirkungsgrad erreicht

In ihrem Projekt konnten die Forschenden also zeigen, dass Druckluftspeicher in der Schweiz technisch machbar sind und durch die Kombination mit Wärmespeichern auch einen hohen Wirkungsgrad von 65 bis 75 Prozent erreichen könnten - sie also fast so effizient wie Pumpspeicherwerke sind. Im Gegensatz zu diesen liegen sie unterirdisch und rufen daher weniger Vorbehalte in Bezug auf Umwelt- und Landschaftsschutz hervor. Ob die Druckluftspeicherkraftwerke aber wirklich umweltschonender wären und ob sie sich in industriellen Massstab rechnen würden – das hat ein weiteres Unterprojekt unter der Leitung von Maurizio Barbato von der Fachhochschule Südschweiz SUPSI untersucht.

Dazu erstellten die Forschenden ein mathematisches Modell des Kraftwerks, inklusive der Turbinen – die Pilot-Anlage testete nur die Druckluftspeicherung, jedoch nicht die Stromerzeugung durch Turbinen. Dieses Modell zeigt, dass eine Anlage auf industriellem Niveau mit einer Leistung von 100 Megawatt und einer Kapazität von 500 Megawattstunden theoretisch möglich sei - Kostenpunkt: rund 110 Millionen Franken. Allerdings hängt die Frage, ob der Bau und Betrieb einer solchen Anlage sich auch für Unternehmen lohnen würde, stark von rechtlichen und politischen Gegebenheiten ab. Immerhin: In Bezug darauf, wie sehr sie Klima und Ökosystem beeinträchtigen, haben Forscher um Peter Burgherr am Paul Scherrer Institut gezeigt, dass es zwischen Pumpspeicher- und Druckluftspeicherwerken keine grossen Unterschiede gibt.

Kontakt und Team

Prof. Dr. Aldo Steinfeld

Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik
ETH Zürich
Sonneggstrasse 3
8092 Zürich

+41 44 632 79 29
aldo.steinfeld@ethz.ch

Aldo Steinfeld

Projektleiter

Maurizio Barbato

Peter Burgherr

Andreas Haselbacher

Sophia Haussener

Giw Zanganeh

Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 10.05.2019 ab.