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Wie Beton umweltfreundlich wird

Beton ist der häufigste Baustoff in der Schweiz. Seine Herstellung ist aber energieintensiv und verursacht CO2-Emmissionen. Das könnte sich bald ändern, denn ein neues Gemisch könnte Beton umweltfreundlicher machen.

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «Energiearmer Beton».
Die Herstellung von Beton ist energieintensiv und verursacht CO<sub>2</sub> – das könnte sich ändern.
Die Herstellung von Beton ist energieintensiv und verursacht CO2 – das könnte sich ändern. iStock
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • Die Energie, die zur Herstellung von Baustoffen und für die Konstruktion von Gebäuden verwendet wird, dürfte in Zukunft den grössten Teil des Energieverbrauchs von Gebäuden betragen.
  • Die Verwendung von Beton ohne Stahl und mit nur wenig Zement könnte Gebäude umweltfreundlicher machen.
  • Hybride Konstruktionen mit Materialien wie Holz und Kunstfasern könnten den energiearmen Beton stabiler machen.

Geht es um Energie, sind Gebäude teuer: Sie sind verantwortlich für 40 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs. Im Moment ist das Teure dabei vor allem der Betrieb der Gebäude. Dieser Energieverbrauch wird sich aber durch energieeffiziente Bauweisen, welche die Energiestrategie 2050 anstrebt, beträchtlich senken lassen. Und damit rückt mehr die sogenannt «graue Energie», die für die Herstellung der Materialien und für den Bau gebraucht wird, in den Fokus. Sie wird in Zukunft bis zu 100 Prozent des gesamten Energieverbrauchs von neuen Gebäuden ausmachen. Denn die Herstellung von Zement und Stahl ist enorm energieintensiv und verursacht hohe Emissionen. Guillaume Habert, Professor für Nachhaltiges Bauen an der ETH Zürich, und sein Team haben deshalb im Verbundprojekt «Energiearmer Beton» untersucht, wie weit neue Materialien Betonbauten umweltfreundlicher machen könnten.

Resultat: Baustrukturen ohne Stahl und mit energiearmem Beton könnten die graue Energie gemeinsam um 50 Prozent senken und die CO2-Emmissionen um bis zu 80 Prozent verringern.

Eine neue Betonmischung

Beton besteht aus Zement, Sand und Kies. Der energie- und emissionsintensive Inhaltsstoff ist der Zement. Zu seiner Gewinnung werden die beiden Ausgangsmaterialien Kalkstein, Ton und Mergel auf rund 1500 Grad Celsius erhitzt und zu einem Zwischenprodukt gebrannt. Dieses nennt sich Klinker. Der Klinker wird gemahlen und wird – zusammen mit anderen Inhaltstoffen wie Flugasche – so zu Zement. Beim Brennen entsteht pro Tonne Klinker eine halbe Tonne CO2. Deshalb haben die Forschenden eine neue Betonmischung entwickelt, welche weniger Klinker enthält, dafür aber Ersatzprodukte wie Kalkstein und gebrannten Ölschiefer. Flugasche und Ölschiefer sind Abfallprodukte anderer Industrien wie der Kohle- oder Stahlindustrie und sind bereits heute im Beton mit bis zu 30 Prozent enthalten. Die Forschenden haben diesen Anteil erhöht – und zwar auf 50 Prozent. Die Herausforderung bestand darin, den Anteil zu erhöhen, ohne dass die mechanische Festigkeit des Betons abnimmt. Sie sollte bei 30 Megapascal bleiben.

Neue Baustruktur ohne Stahl

Der so entwickelte, energiearme Beton hat aber einen Nachteil: Der in den Beton integrierte Stahl wird anfälliger auf Rost. Unter feuchten Umweltbedingungen, das haben Tests gezeigt, kommt es in diesem Beton schneller zu Zerfallserscheinungen.

In drei weiteren Unterprojekten haben Wissenschaftler der ETH, EMPA und EPFL deshalb neue, nicht metall-basierte Trägermaterialien entwickelt und deren Belastbarkeit getestet. Eine Alternative zu Armierungen aus Stahl sind Holz-Beton-Strukturen. In einem Unterprojekt wurde deshalb getestet, wie man Material schichten und Klebstoff einsetzen könnte, um den Beton und das Holz zusammenzuhalten. Auch Alternativen wie Karbonfaser-Polymere oder Kunstfasern für ultrahochfesten Beton wurden geprüft.

Das fünfte Unterprojekt testete die Techniken und ihre Belastbarkeit an bestehenden Schweizer Brücken.

Das Potenzial ist gross

Im Verbundprojekt «Energiearmer Beton» bezifferten die Forschenden schliesslich die Umweltkosten jeder Technologie über den gesamten Lebenszyklus der Bauten. Dabei wurden auch Möglichkeiten des Recyclings des verwendeten Betons und der Ersatzmaterialien für Zement untersucht.

Die Analyse zeigt, dass energiearmer Beton und Trägerkonstruktionen ohne Stahl einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten können. Der neu entwickelte Beton könnte die Kohlenstoff-Emissionen um die Hälfte reduzieren und würde bis zu 50 Prozent weniger Energie benötigen. Hinzu kommen zusätzliche Einsparungen bei den alternativen Trägermaterialien: So könnte der CO2-Ausstoss hier um bis zu 80 Prozent reduziert werden.

Die Forschenden betonen, dass das neue Betongemisch in denselben Anlagen verarbeitet werden könnte, wie heute gängige Mischungen. Der Wechsel auf energiearmen Beton könnte also zeitnah erfolgen. Während die Akzeptanz durch Baufirmen beim neuen Beton gross ist, muss sie bei neuen Trägermaterialien wie Holz-Beton, Karbonfasern oder Kunstfasern noch gebildet werden. Dies soll durch zusätzliche Tests geschehen.

Beton wird als Baustoff auch in den nächsten Jahrzehnten eine zentrale Rolle spielen, so der Befund der Projekte. Der Bedarf an Gebäudefläche wird bis 2050 um 230 Millionen Quadratmeter zunehmen. Bis dahin werden also stetig neue Gebäude gebaut. Erst danach dürfte die Bautätigkeit stagnieren, weil sich dann die Bevölkerungszahl stabilisiert. Insgesamt zeigt aber die Analyse des Verbundprojektes, dass energiearmer Beton sofort einen Beitrag zur Energiewende leisten kann.

Produkte aus diesem Projekt

Kontakt und Team

Prof. Guillaume Habert

Institut für Bau- und Infrastrukturmanagement
Stefano-Franscini-Platz 5
HIL F 27.3
8093 Zürich

+41 44 633 05 60
habert@ibi.baug.ethz.ch

Guillaume Habert

Projektleiter

Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 17.12.2018 ab.