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Schritte zur Energie der Zukunft

Forschende führender Schweizer Forschungsstätten entwickelten eine neue Generation von Solarzellen, um die Ziele der Energiestrategie 2050 zu unterstützen. In sechs eng verzahnten Teilprojekten bearbeiteten sie gleichzeitig alle Aspekte der Technologie vom energetischen Wirkungsgrad bis zur gesellschaftlichen Akzeptanz.

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «Photovoltaik der nächsten Generation».
Mikroskopische Aufnahme einer Silizium-Perowskit-Tandemsolarzelle mit einem Wirkungsgrad von 25,2 Prozent – eine der Entwicklungen aus dem Photovoltaik-Verbundprojekt.
Mikroskopische Aufnahme einer Silizium-Perowskit-Tandemsolarzelle mit einem Wirkungsgrad von 25,2 Prozent – eine der Entwicklungen aus dem Photovoltaik-Verbundprojekt. EPFL
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • Schweizer Forschungsgruppen erarbeiteten Bausteine für die Umsetzung der Energiestrategie 2050 im Bereich der Photovoltaik.
  • Die neue Generation von Solarzellen erreicht rekordhohe Wirkungsgrade – doch sie sind noch nicht genügend dauerhaft.
  • Nachhaltige und optisch attraktive Fassadenmodule schaffen Akzeptanz für einen breiten Einsatz von Solarzellen an Gebäuden.

Sauber, ressourcenschonend und effizient – so soll die Energieversorgung der Zukunft sein. Dabei spielt die Photovoltaik eine wichtige Rolle. Mindestens 20 Prozent des künftig verbrauchten Stroms will die Schweiz aus Sonnenlicht gewinnen – so die Vorgabe der Energiestrategie 2050. Dieses Ziel ist schon mit den heutigen Möglichkeiten der Photovoltaik erreichbar. Doch es sind technische Entwicklungen im Gange, die helfen können, die anstehenden Herausforderungen noch besser zu bewältigen.

Vielversprechende Zukunftstechnologien

Forschende führender Schweizer Forschungsstätten stellten sich der Herausforderung, die Photovoltaik der Zukunft zu verwirklichen. Die Teams von ETH Lausanne (EPFL), Empa Dübendorf, Uni Freiburg, ZHAW Winterthur und CSEM Neuchâtel bündelten ihre Kräfte in sechs koordinierten Teilprojekten, um eine neue, leistungsfähigere Generation von Solarzellen zu entwickeln. Dabei setzten sie auf neuartige Materialien und Funktionsprinzipien, die für den Wirkungsgrad der Umwandlung von Sonnenlicht in Strom einen Quantensprung versprechen. So liessen sich viele Probleme der Solarenergie entschärfen: die benötigte Fläche zur Produktion einer bestimmten Strommenge würde kleiner – und damit auch die Stromgestehungskosten sinken. Ebenso wäre die ästhetische Belastung von Landschaft und Ortsbild durch Solarpanels geringer.

Effizienz als Schlüsselgrösse

Das Potenzial für die Entwicklung effizienterer Solarzellen steckt vor allem in der neuen Materialklasse der Perowskiten. Ein Teilprojekt widmete sich ganz diesem Werkstoff, der sich unter anderem durch hohe Lichtabsorption und gute Verarbeitbarkeit auszeichnet. Hauptziel war es, die Perowskit-Solarzellen für die industrielle Massenherstellung reif zu machen. Dies bedingt vor allem, dass der hohe Wirkungsgrad der Solarzellen auch über lange Laufzeiten stabil bleibt.

Um ein Maximum an Leistung aus den neuen Perowskiten herauszuholen, galt es auch die anderen Bestandteile der Solarzellen zu optimieren, beispielsweise die sogenannten Zwischenflächen. Diese Schichten sind für den verlustfreien Ladungstransport wichtig. Sie zu verbessern, war Gegenstand eines weiteren Teilprojekts. Dabei war es eine besondere Herausforderung, die Zwischenflächen optisch transparenter zu machen, ohne ihre elektrischen Eigenschaften zu beeinträchtigen.

Transparente Materialien ermöglichen auch neuartige Solarzellen, die aus mehreren aktiven Schichten bestehen. Diese sogenannten Tandemsolarzellen kombinieren Solarzellen mit Perowskiten mit der bewährten Technologie der Siliziumzelle oder der Dünnschichtsolarzelle aus dem Material Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS). Mit dem zweistufigen Prinzip der Tandemzelle kann die Energie des Sonnenlichts über das ganze Spektrum besser ausgenutzt werden. Die Bausteine für diese neuen, hocheffizienten Solarzellen wurden in einem dritten Teilprojekt entwickelt.

Ein ganzheitlicher Ansatz

Die Forschenden waren sich bewusst, dass überlegene Effizienz unter Laborbedingungen allein nicht genügt. Damit die neuen Solarzellen den Markt erobern können, müssen sie auch wirtschaftlich, nachhaltig, und nicht zuletzt auch schön sein – nur so haben sie eine Chance auf grosse Verbreitung. Aus diesem Grund befassten sich drei der sechs Teilprojekte schwerpunktmässig mit den praktischen Einsatzmöglichkeiten der neuen Technologie.

Eine zentrale Frage dabei ist, wie der Stromertrag unter realen Witterungs- und Strahlungsverhältnissen ausfallen wird. Um dies zu berechnen, entwickelten die Forschenden einen Werkzeugkasten von Computermodellen, welche von der Physik der Solarzellen bis zum Betrieb der Anlage an einem konkreten Ort die ganze Kette der Stromproduktion simulieren. Diese Simulationstools lassen sich sowohl für die Forschung als auch für die Planung von Solarpanels mit der neuen Technologie einsetzen.

Mit der neuen Generation von Solaranlagen wollen die Forschenden vermehrt das Potenzial von Gebäudeoberflächen nutzen. Dabei sollen zusätzlich zu den Dächern auch die Fassaden Strom produzieren – das Konzept nennt sich Gebäudeintegrierte Photovoltaik (GiPV). Diese Idee voranzutreiben, war das Ziel eines weiteren Teilprojektes. Die Forschenden entwickelten dazu stromerzeugende Fassadenmodule, die Nachhaltigkeit mit Ästhetik verbinden. Mit attraktiven Farben und Texturen bieten diese Solarpanels neue Gestaltungsmöglichkeiten für die Architektur.

Die unaufdringlichen Solarfassaden stossen bei der Bevölkerung durchaus auf Anklang – so lautet eines der Resultate des sechsten Teilprojekts. Dieses beurteilte die Nachhaltigkeit der neuen Solarzellen in wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Hinsicht. Dabei untersuchten die Forschenden auch Strategien, wie das Stromnetz künftig den grossen Anteil an Solarstrom aufnehmen kann. Insgesamt kriegen die Perowskit-Solarzellen aus dieser ganzheitlichen Analyse eine gute Machbarkeitsprognose – Voraussetzung ist allerdings eine genügende Lebensdauer.

Mit Spitzenforschung die Energiewende ermöglichen

Die Dauerhaftigkeit ist denn auch die grösste verbleibende Herausforderung für die Perowskit-Technologie. Noch erreichen diese Zellen nämlich nicht den nötigen Standard. Doch die Fortschritte lassen sich sehen. Dank verbesserter Materialien und schützender Verglasung wurde die Leistung der Solarzellen in Belastungstests bereits massiv gesteigert. Grosse Erfolge errangen die Schweizer Forschungsgruppen auch bei den Wirkungsgraden – mit ihren Tandemzellen setzten sie mehrere Weltrekorde. Schliesslich gelang es den Forschenden, mit den farblich attraktiven Fassadenmodulen architektonisches Neuland für die Photovoltaik zu erschliessen. Damit hat die anspruchsvolle Zusammenarbeit ihr Ziel erreicht – die Bausteine für die Umsetzung der Energiestrategie 2050 bereitzustellen.

Kontakt und Team

Prof. Christophe Ballif

EPFL STI IMT PV-LAB
MC A2 304 (Bâtiment MC)
Rue de la Maladière 71b
CP 526
2002 Neuchâtel 2

+41 21 695 43 36
christophe.ballif@epfl.ch

Christophe Ballif

Projektleiter

Fan Fu

Aïcha Hessler-Wyser

Quentin Jeangros

Björn Niesen

Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 10.05.2019 ab.