Der Untergrund kann und wird aller Voraussicht nach im künftigen Schweizer Energiesystem eine zentrale Rolle spielen. Aus den Forschungen im Verbundprojekt «Wasserkraft und Geothermie» lassen sich die folgenden vier Kernbotschaften ableiten:
- Potenzial vorhanden – Die Schweiz hat bei der Nutzung der Erdwärme im oberflächennahen Bereich in den letzten Jahren etwa durch den Einsatz von Wärmepumpen grosse Fortschritte erzielt. Demgegenüber werden die Potenziale der unbestritten vorhandenen Wärmereservoirs in grösseren Tiefen (1–3 km) noch nicht genutzt. Sie sind vor allem für die Einspeisung in Nahwärmenetze und in industrielle Prozesse geeignet. Die Nutzung der Geothermie für die Stromproduktion steckt demgegenüber noch in den Anfängen. Sie kann den Durchbruch aber schaffen, sobald die Risiken von induzierten Erdbeben beherrscht werden. Auch das Potenzial zur Speicherung von Gas und zur Einlagerung von CO2 ist ausgewiesen, jedoch begrenzt.
- Ganzheitlich angehen – Sowohl die Nutzungsmöglichkeiten zum Wärmebezug, zur Stromproduktion und als Speichermedium als auch die geologischen, hydrogeologischen und tektonischen Gegebenheiten im Untergrund müssen zusammen mit sämtlichen Aspekten der Energieversorgung und der Treibhausgasemissionen ganzheitlich und unter Beachtung der vielfältigen Abhängigkeiten angegangen werden. Nur so lassen sich optimale Lösungen finden.
- Breite Akzeptanz notwendig – Ohne das Einverständnis der Bevölkerung können die grossen Potenziale der tiefen Geothermie nicht genutzt werden. Um die notwendige breite Akzeptanz für die Technologien und für konkrete Vorhaben zu erreichen, muss die Bevölkerung frühzeitig in die entsprechenden Projekte einbezogen und umfassend über die Vor- und Nachteile informiert werden. Die Forschung zeigt: Bürgerinnen und Bürger sind sehr gut in der Lage, auf der Grundlage von vollständigen und verständlich kommunizierten Fakten eine rationale Interessensabwägung zwischen verschiedenen Optionen zur langfristigen Sicherstellung einer wirtschaftlich und ökologisch verträglichen Energieversorgung vorzunehmen.Knoblauch, T. A., Trutnevyte, E., & Stauffacher, M. (2019). Siting deep geothermal energy: Acceptance of various risk and benefit scenarios in a Swiss-German cross-national study. Energy policy, 128, 807–816.
- Prioritäten setzen – Um den fundamentalen Umbau des Schweizer Energiesystems in den nächsten Jahrzehnten möglichst wirkungsvoll zu unterstützen, müssen bei der Nutzung des Untergrundes klare Prioritäten gesetzt werden:
- Die Gewinnung von Wärme aus mittleren Tiefen (1–3 km) zur substanziellen Reduktion des CO2-Ausstosses.
- Die Abtrennung von CO2 an bedeutenden Punktquellen wie Zementwerken und Kehrichtverbrennungsanlagen und die sinnvolle Nutzung des CO2 oder dessen dauerhafte Einlagerung.
- Der Ausbau der geothermischen Stromerzeugung zur Deckung des zunehmenden Strombedarfs, der sich aus der Sektorkopplung (zum Beispiel Elektromobilität, Wärmepumpen) ergeben wird.