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Mehr als nur Zwischenraum – Zwischenflächen in Solarzellen

Hinter dem unscheinbaren Begriff der Zwischenflächen verbirgt sich der Schlüssel zur effizienteren Stromerzeugung aus Sonnenlicht. Mit innovativen Materialien und Verfahren legen Forschende der Empa und EPFL die Grundlagen für die nächste Generation von Solarzellen.

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «Zwischenflächen in Solarzellen». Dieses Projekt ist Teil des Verbundprojektes «Photovoltaik der nächsten Generation».
Wie Membranen in biologischen Zellen sind Zwischenflächen entscheidend für das effiziente Funktionieren von Solarzellen. Zwischenflächen aus amorphem Silizium (im Bild rot) optimieren die Zellspannung in Siliziumsolarzellen. Aber sie schlucken auch Licht, weshalb an transparenteren Alternativen geforscht wird.
Wie Membranen in biologischen Zellen sind Zwischenflächen entscheidend für das effiziente Funktionieren von Solarzellen. Zwischenflächen aus amorphem Silizium (im Bild rot) optimieren die Zellspannung in Siliziumsolarzellen. Aber sie schlucken auch Licht, weshalb an transparenteren Alternativen geforscht wird. EPFL - PVLab
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • In Solarzellen spielen nicht aktive Schichten – sogenannte Zwischenflächen – eine wichtige Rolle.
  • Technologische Innovationen bei Zwischenflächen erlauben es, die Effizienz von Solarzellen zu steigern und gleichzeitig Herstellungsprozesse zu vereinfachen.
  • Fortschritte im Bereich der Zwischenflächen ebnen den Weg für eine neue Generation von Solarzellen.

Wie entsteht aus Sonnenlicht Strom? Fast wie Zauberei mutet die Verwandlung an, die in Solarzellen stattfindet – ermöglicht durch hoch leistungsfähige, Licht absorbierende Materialien. Doch keine Solarzelle funktioniert ohne die sogenannten Zwischenflächen – Schichten mit besonderen optischen und elektrischen Eigenschaften, welche die aktiven Teile der Zelle umgeben. Solche Zwischenflächen erfüllen in Solarzellen ähnlich wichtige Aufgaben wie Membranen in biologischen Zellen. Nur dank ihnen wird die im Herzstück der Solarzelle absorbierte Energie als elektrischer Strom nutzbar.

Forschende der Empa und der ETH Lausanne (EPFL) haben sich der wichtigen Aufgabe angenommen, die Eigenschaften der Zwischenflächen zu optimieren. Sie schaffen damit die Grundlage für die Entwicklung von effizienteren und langlebigeren Solarzellen, und sie erschliessen einfachere Herstellungswege. Neben der weiteren Verbesserung bereits ausgereifter Technologien werden damit auch neuartige Produkte möglich. Zu nennen sind etwa Solarzellen, die von beiden Seiten besonnbar sind, oder die zweistufig arbeitenden Tandemzellen. Solche innovativen Designs stellen auch neue Anforderungen an die Leistung und Eigenschaften der Zwischenflächen.

Unsichtbare Helfer

Was Zwischenflächen alles können müssen, verdeutlicht der empfindliche Vorgang der Entstehung von Elektrizität aus Licht. Er beginnt damit, dass ein Elektron durch Absorption eines Photons aus seinem Verband geschlagen wird. Dieses negativ geladene Teilchen wird dadurch zum frei beweglichen Ladungsträger. Dabei hinterlässt es an seiner ursprünglichen Stelle eine Lücke, die sich wie ein positiv geladenes Teilchen verhält – man spricht von einem Elektron-Loch-Paar. Fällt das Elektron wieder in dieses Loch zurück, so verpufft seine Energie zu Wärme oder Licht. Ein Vorgang, der in der Fachsprache Rekombination genannt wird. Damit dies nicht geschieht, müssen das negative Elektron und das positive "Loch" getrennte Wege gehen und über Elektroden in einen Stromkreislauf gelangen – was nur dank besagter Zwischenflächen gelingt. Wobei die Zwischenflächen ihre Arbeit tun sollen, ohne den Fluss des Lichts, also der Energiequelle, die den ganzen Prozess antreibt, zu behindern.

Auf der Suche nach cleveren Alternativen

Viele der gegenwärtigen Entwicklungen verfolgen denn auch das Ziel, Zwischenflächen optisch transparenter zu machen, dies natürlich nicht auf Kosten der elektrischen Leistungsfähigkeit. Eine bewährte Technologie, die die Forschenden verbessern wollen, sind Siliziumsolarzellen. Deren kristalliner Kern ist gewöhnlich von Zwischenflächen aus amorphem (nicht kristallisiertem) Silizium umgeben. Sie sind ideal für die verlustfreie Ableitung der elektrischen Ladungen, aber leider auch verantwortlich für die Absorption von Licht ohne Stromerzeugung. Indem sie diese Schichten durch transparente Metalloxide ersetzten, konnten die Forschenden die Verluste mindern und gleichzeitig den Herstellungsprozess vereinfachen.

Ein ähnliches Problem stellte sich bei einem anderen Typ von Solarzellen, den Dünnschicht-Zellen auf Basis von Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS). Hier war es eine Zwischenfläche aus Kadmiumsulfid, die zu viel Licht schluckte. Die Forschenden schafften es, die trennende Zwischenfläche dünner zu machen. Zu diesem Zweck ersetzten sie eine benachbarte Schicht aus Zinkoxidschicht durch eine Zink-Titan-Verbindung.

Noch eine Stufe extremer ist die technische Herausforderung der sogenannten Tandemzellen. Das sind zweistöckige Solarzellen, deren obere und untere Schichten das Licht verschiedener Wellenlängen nutzen. Dafür muss die obere Zelle in einem gewissen Bereich des Spektrums komplett durchsichtig sein. Das erfordert zum Beispiel transparente Alternativen für Elektroden, die normalerweise aus Gold bestehen. Mit ihren neu entwickelten Beschichtungen erreichten die Forschenden eine hohe Durchlässigkeit der oberen Zelle von 80,4 Prozent im nahen Infrarotbereich, wobei für einzelne Schichten noch höhere Werte erzielt wurden.

Schlüssel zum Fortschritt

Die verfahrenstechnischen Anforderungen bei solchen Neuentwicklungen sind hoch, da die obere Schicht der Tandemzelle aus dem temperaturempfindlichen Material Perowskit gefertigt wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Tandemzellen aus einem Stück gefertigt werden sollen. Denn dazu müssen die Herstellungsprozesse zweier unterschiedlicher Technologien unter einen Hut gebracht werden.

Jedoch sind die Tandemzellen noch nicht markttauglich: Die Lebensdauer der für die obere Schicht verwendeten Perowskitzelle ist noch ungenügend. Auch hier sind Zwischenflächen Teil des Problems und Teil der Lösung. Das zeigen Fortschritte, welche die Forschenden mit neuartigen Materialien bereits erzielt haben.

Das Gebiet der Zwischenflächen in Solarzellen bietet ein reiches Betätigungsfeld für weitere Forschung. Neue Materialien und Verfahren ermöglichen bahnbrechende Erfolge und ebnen damit den Weg zu einer neuen Generation von Solarzellen. Dazu gehören zum Beispiel Tandemsolarzellen mit rekordhohen Wirkungsgraden, die hier beschrieben sind.

Produkte aus diesem Projekt

Kontakt und Team

Prof. Dr. Frank Nüesch

Empa
Überlandstrasse 129
8600 Dübendorf

+41 58 765 4740
frank.nueesch@empa.ch

Frank Nüesch

Projektleiter

Enrico Avancini

Christophe Ballif

Michael Grätzel

Florent Sahli

Jiyoun Seo

Ayodhya Nath Tiwari

Anna Véron

Ching-Hsun Weng

Liu Yuhang

Shaik Mohammed Zakeeruddin

Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 17.12.2018 ab.