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Langfristige Wetterprognosen für Wasserkraftwerke

Je genauer die kommenden Niederschläge bekannt sind, desto besser können Wasserkraftbetreiber planen. Neue Prognosemethoden über bis zu 32 Tage ermöglichen es, die Einkünfte aus der Stromproduktion um bis zu sechs Prozent zu steigern.

Zusammenfassung des Forschungsprojekts «Hydrometeorologische Vorhersage». Dieses Projekt ist Teil des Verbundprojektes «Wasserkraft und Geoenergie».
Wann wird es regnen? Mit langfristigen Prognosen können Wasserkraftwerke effizienter betrieben werden.
Wann wird es regnen? Mit langfristigen Prognosen können Wasserkraftwerke effizienter betrieben werden. Shutterstock/Marat Dupri
Auf einen Blick

Auf einen Blick

  • Langfristige Wetterprognosen von bis zu einem Monat helfen, die Stromproduktion in Wasserkraftwerken besser zu planen, sodass Effizienzgewinne resultieren.
  • Wasserkraftwerke können jährlich ein bis sechs Prozent mehr Geld verdienen, wenn das zur Verfügung stehende Wasser genauer bekannt ist.
  • Um die vorhandene Infrastruktur besser zu nutzen, lohnt es sich also, in eine bessere Wettervorhersage zu investieren und die Atmosphäre genau zu beobachten.

Damit Wasserkraftwerke möglichst effizient Strom produzieren können, sind die Betreiber auf Prognosen über den Verlauf des Wasserabflusses angewiesen. Denn so können sie verhindern, dass ein Stausee überläuft und das Wasser ungenutzt abgelassen werden muss, wenn grosse Niederschläge einsetzen.

Bisher basiert eine solche Prognose meist auf historischen Durchschnittsdaten derselben Saison in früheren Jahren. Nun haben Forschende der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL Wettervorhersage-Daten so aufbereitet, dass Abflussprognosen bis zu einem Monat im Voraus möglich sind.

Wie viel Wasser wird abfliessen?

Die Wissenschaftler der WSL teilten ihr Vorgehen für die besseren Prognosen in drei Teile auf: die Überprüfung historischer Wetterprognosen, die Vorhersage des Wasserabflusses in drei Gebieten und zuletzt eine Analyse der wirtschaftlichen Vorteile eines solchen Vorgehens.

Im ersten Teil analysierten die Forschenden historische Wettervorhersagen von 1994 bis 2015 und verglichen sie mit dem realen Wetter. Dazu verwendeten sie die Messdaten der Temperatur und des Niederschlags von 1637 Messstationen in ganz Europa. Das Ziel war, ein statistisches Verfahren zu entwickeln, das die Langzeitprognosen verbessern kann und einen Mehrwert gegenüber klimatologischen Durchschnittsdaten bringt. Zudem wollten die Forschenden auch eine Methode entwickeln, um die grossräumigen Wetterprognosen räumlich besser aufzulösen. Dies ist gerade in der Schweiz sehr wichtig, weil die alpine Topografie einen grossen Einfluss auf das Wettergeschehen hat.

Die durch die statistische Korrektur verfeinerten Meteodaten dienten dann als Quelle für ein hydrologisches Modell. Solche Modelle vermögen den Wasserabfluss eines bestimmten Gebietes vorherzusagen. Dazu nutzen sie zum einen die erwähnten Wetterprognosen mit Daten zu Niederschlag und Temperatur, zum anderen Informationen wie den Geländeuntergrund, Schneemenge, Bodenfeuchte oder Verdunstung. Die Vorhersagen des hydrologischen Modells überprüften die Forschenden mit dem realen Abfluss in drei Einzugsgebieten mit unterschiedlichen klimatischen Verhältnissen: Das Val Verzasca im Tessin ist von Niederschlag und Schnee dominiert, das Klöntal im Glarnerland ist geprägt von Niederschlag und Gletscherschmelze und das Einzugsgebiet der Thur ist nur von Regen beeinflusst. Die präzisere Vorhersage funktioniert nicht in allen Jahreszeiten und Gebieten gleich gut: Die grösste Verbesserung erzielten die Forschenden im Winter und im Frühling in schneedominierten Regionen.

Fünf Prozent mehr Gewinn

Das Ziel solcher Vorhersagen ist ein optimaler Plan, der angibt, zu welchen Zeiten das Wasser eines Stausees durch die Turbinen gelassen wird. Dabei ist nicht nur der Füllstand des Sees entscheidend, sondern wichtig ist auch, für wie viel Geld der Strom zur jeweiligen Zeit verkauft werden kann. So lassen sich die Profite maximieren.

Die Forschenden analysierten mit historischen Preis- und Wetterdaten von 1994 bis 2014, wieviel mehr die Betreiber im Val Verzasca hätten verdienen können. Es zeigte sich: Mit der statistischen Verfeinerung hätte jedes Jahr ein Mehrbetrag von 230'000 Franken verbucht werden können, denn durch die besseren Abflussprognosen hätten die Betreiber weniger Wasser ungenutzt abfliessen lassen müssen. In einzelnen Jahren können die Gewinne noch viel grösser sein, wie der Experimentierzeitraum von 1994-2015 zeigte. In dieser Zeit erstellten die Forschenden reale Prognosen und erzielten damit Mehrgewinne von bis zu einer Million Euro. Laut den Forschenden resultiere diese grosse Summe zu einem Teil auch aus einer günstigen Wettersituation. Auch im Klöntal testeten die Forschenden ihr neues Verfahren, allerdings ohne grossen Erfolg. Trotz präziserer Abflussprognosen liessen sich hier kaum Mehrgewinne erzielen. Für das Einzugsgebiet der Thur war mangels Preisdaten keine Überprüfung der möglichen Gewinne durchführbar.

Dennoch zeigt die Methode am Beispiel der Verzasca, dass die Erträge um bis zu fünf Prozent gesteigert werden können, ohne dass bauliche Massnahmen nötig sind. Diese Optimierung war nicht zuletzt deshalb möglich, weil die WSL eng mit MeteoSchweiz und Partnern aus der Industrie zusammengearbeitet hat. Die Forschenden empfehlen der Politik denn auch, künftig solche Kooperationen zwischen staatlichen Forschungsinstitutionen und Privaten zu fördern, damit neuartige Lösungen entstehen können.

Kontakt und Team

Dr. Massimiliano Zappa

Eidg. Forschungsanstalt WSL
Zürcherstrasse 111
Bi LG D 05
8903 Birmensdorf

+41 44 739 24 33
massimiliano.zappa@wsl.ch

Massimiliano Zappa

Alle Aussagen dieser Seiten bilden den Stand des Wissens per 10.05.2019 ab.