Luftbilder zeigen die Geländeveränderung
Um zu beziffern, welche Sedimentmassen das Schmelzwasser eines Gletschers abtragen kann, haben die Forscher eine Serie von Luftbildern des Griesgletschers im Kanton Wallis analysiert. Die Serie umfasste jährliche Aufnahmen der Gegend seit 1986, als sich der Gletscher aus dem Griesstausee zurückzog. Anhand dieser Bilder erstellten die Wissenschaftler sogenannte digitale Geländemodelle, die für jeden Punkt eine Höhe über Meer angeben. Durch Vergleichen der jährlichen Höhen konnten sie bestimmen, welche Materialmenge erodiert wurde. So zeigt sich, dass in den ersten Jahren verhältnismässig wenig weggeschwemmt wurde – weniger als 5‘000 Kubikmeter pro Jahr. Ab Mitte der 1990er-Jahre stieg die Menge jedoch an und erreichte 2011-2012 das Maximum, als jährlich 20'000 Kubikmeter weggespült wurden – viel davon als kleine Teilchen in der sogenannten Schwebfracht. Danach ging die Menge wieder zurück und das Gletschervorfeld scheint sich seitdem zu stabilisieren.
Das Schmelzwasser enthält aber nicht nur Sedimente aus dem Gletschervorfeld: Noch mehr wird direkt unter dem Gletscher erodiert. Im Fall des Griesgletschers zeigten Wasseranalysen, dass 70 Prozent der Sedimente ihren Ursprung unter dem Gletscher hatten.
Um genauer zu erfahren, welche Materialmenge im Jahresverlauf freigeben wird und ob es Unterschiede zwischen Gletschern gibt, installierten die Wissenschaftler Messgeräte unterhalb von Gletschern im Wallis – dem Aletschgletscher und dem Gornergletscher. Nach zwei Jahren zeigte sich: Der grösste Gletscher der Alpen, der Aletschgletscher, hatte rund 325’000 Kubikmeter Gestein erodiert, der kleinere Gornergletscher circa 60’000 Kubikmeter. Genauere Auswertungen weisen darauf hin, dass nicht nur die Grösse des Gletschers über die Sedimentmenge entscheidet, sondern auch andere Faktoren wie Schmelzwassermenge und der Verlauf der Jahreszeiten.
Die gesammelten Daten halfen den Forschern, ein computerbasiertes Modell des Sedimenttransports zu erstellen. Damit konnten sie simulieren, was bei einem Rückzug des Gletschers passiert: Es zeigte sich, dass es zu einem Anstieg der Sedimentfracht kommt, doch ab einem gewissen Zeitpunkt die Menge trotz zusätzlichem Schmelzwasser abnimmt. Dies hängt mit der Verfügbarkeit an Sedimenten zusammen, die vom Wasser transportiert werden können.